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WAZ: Zypern-Gespräch gescheitert: Ein sperriger EU-Kandidat - Kommentar von Rolf Potthoff

Geschrieben am 27-11-2006

Essen (ots) - Es gibt Gründe, der Türkei den Weg nach Europa zu
ebnen. Die Glaubwürdigkeit beispielsweise. Lange Jahre wurde in
Ankara der Eindruck erweckt, es sei bei entsprechenden Reformen nur
eine Frage der Zeit. Zweitens die Bündnisfrage. Auf einen Partner in
einer solchen geostrategischen Lage kann der Westen nicht verzichten.
Drittens die Sicherheitslage. Zeigte der Westen der Türkei die kalte
Schulter, könnte dies den Einfluss religiös-fundamentalistischer
Kräfte stärken und das Gegenteil dessen, was gewollt ist, wäre damit
erreicht.

Doch ist die Türkei noch interessiert? Erneut sind die
Zypern-Gespräche gescheitert. Ankara hält seine Häfen für Ware aus
dem griechisch-zyprischen Süden versperrt, obwohl die Republik Zypern
Mitglied der EU ist und EU und Türkei klare Handelsvereinbarungen
unterhalten. Regierungschef Erdogan leistete dem türkischen
Beitrittsstreben einen Bärendienst, wenn er, um Nationalisten zu
gefallen, innenpolitische Motive über die europäische Perspektive
stellt.

Ohnehin ist die türkische Europa-Begeisterung verblasst. Die
Mehrheit der überzeugten Beitrittsbefürworter ist zur Minderheit
verkümmert. Womöglich drückt sich in der verbreiteten
Anti-Europa-Stimmung nicht zuletzt die Folge des bemerkenswerten
Wachstums aus: Dass man die EU als Motor der Wirtschaft nicht mehr
braucht.

Überdies weckt Ankaras Umgang mit dem Papst-Besuch manche
Zweifel. Buchstäblich in letzter Minute stimmte Erdogan einer
Begegnung mit Benedikt XVI. zu. Die "Verhinderung" aus Termingründen
wirkte verletzend. Das Kirchenoberhaupt hat die Fehl-Interpretation
seines Zitates zu Islam und Gewalt mehrfach bedauert. Und ein
Staatsmann, zumal einer, der sich nach Westen orientieren will, hat
die Geste ebenfalls entgegenkommend zu respektieren.

Solcher Umgang weckt Zweifel am Willen zum "Dialog der Kulturen".
Europa sei kein Christenclub, sondern ein Grundwerteclub, sagt
Kanzlerin Merkel. Aber zu den Grundwerten gehört es, Religionen
anzuerkennen, ihre Freiheit zu gewähren. Doch trotz aller Reformen
ist eine wahre Religionsfreiheit für Christen in der Türkei nicht
erreicht. Es gibt Behinderungen im Alltag, bei der Priesterausbildung
und noch haben Christen-Gemeinschaften nicht volle Rechte, um Kirchen
zu bauen.

Natürlich wäre es falsch, den Beitrittsprozess zu blockieren. Das
spielte türkischen Nationalisten in die Hände. Doch es liegt am
offiziellen Ankara, mit einem überzeugenden Kurs Europa-Willen zu
bekunden.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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