Neues Deutschland: zum 20. Jahrestag des Einigungsvertrages
Geschrieben am 31-08-2010 |
Berlin (ots) - Ist Matthias Platzeck der Sarrazin der
Wiedervereinigung, wie man jetzt in manchen Internetforen lesen kann?
Ein absurder Vergleich, ebenso absurd wie der Versuch des Theologen
Richard Schröder, ihm irgendwelche nie geäußerten Naziparallelen
anzudichten. Brandenburgs Ministerpräsident hat sich lediglich an die
Hoffnungen und Ansprüche der Ostdeutschen vor 20 Jahren, auch an die
offiziellen Verheißungen und internen Verhandlungsbandagen der
politischen Klasse West erinnert und das alles mit den Erfahrungen
der deutschen Einheit verglichen. Wer nicht gerade die rosarote
Propagandabrille aufsetzt, der kann die Vereinigung durchaus
Anschluss nennen. Diejenigen, die von Platzeck öffentliche Buße
verlangen, könnten sich die Armuts- und Reichtumsverteilung in Ost
und West ansehen. Sie könnten Arbeitslosenstatistiken vergleichen und
Grundbücher studieren. Sie könnten die Bundesregierung nach Ministern
Ost und West durchzählen. Und dann könnten sie darüber nachdenken, ob
dies und vieles andere nicht auch mit den Startbedingungen der
Einheit, mit dem Einigungsvertrag, mit der Übernahme der DDR durch
den Westen - ja, mit dem Anschluss zu tun hat. Freilich, die
regierungsoffiziellen Bilanzen werden anders aussehen, Meckerern und
Nörglern wie Platzeck zum Trotz. Die Kritik wird sich in Formeln nach
dem Muster »Das Erreichte ist nicht das Erreichbare« erschöpfen. Und
dann hoch die Winkelemente!
Originaltext: Neues Deutschland
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