(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Kommentar Berliner Morgenpost von Jochim Stoltenberg Titel: Aus der Verantwortung geschlichen

Geschrieben am 19-07-2010

Berlin (ots) - Demokratie verleiht Macht immer

nur auf Zeit. Dieses Grundprinzip einer freien Gesellschaft wirkt
Verkrustungen und Amtsmissbrauch ent gegen, befördert
andererseits den Wett streit um die richtigen politischen
Ziele. Weil Machtausübung auch immer viel Kraft kostet, bewahrt
befristete Verant wortung zugleich vor Überforderung. Die
kann dem Mächtigen auf Zeit von den Wählern bescheinigt werden. Aber
auch er selbst kann seine Grenzen erkennen und freiwillig
zurücktreten. Von der letzten Variante ist in jüngster Zeit
auffallend oft Gebrauch gemacht worden. Bemerkenswert dabei, dass
sich die Amtsmüden - wie am Wochenende Hamburgs Erster Bürgermeister
Ole von Beust - ohne erkennbare Not verabschie det haben. Da
stellt sich dann doch die Frage nach der politischen
Verantwor tung. Wie ernst wird sie noch genommen? Demokratie
ist ja nicht allein Machtaus übung auf Zeit. Die Wähler
erwarten zu Recht auch, dass die, denen sie ihr Ver trauen
auf Vorschuss aussprechen, dieses ernst nehmen und verantwortungsvoll
da mit umgehen. Das gilt umso mehr, wenn sich mit der Person
eines Politikers ein wichtiges politisches Projekt verbindet. Anders
als bei den Rücktritten von Günther Oettinger, der von Stuttgart nach
Brüssel befördert wurde, Roland Koch in Hessen, der ein geordnetes
Land hinter lassen hat, oder bei Jürgen Rüttgers, des
sen Rheinländer wie Westfalen überdrüs sig waren, ist mit dem
Namen Ole von Beust ein bislang einzigartiges Projekt mit möglicher
Langzeitwirkung verbunden. In Hamburg wird die erste schwarz-grüne
Koalition auf Landesebene erprobt. Ein Testlauf letztlich auch für
den Bund, soll ten die Liberalen weiter derart schwä
cheln. Weil das Hamburger Experiment stärker auf dem liberalen Geist
von Ole von Beust gründet als auf dem konservati veren seiner
CDU in der Hansestadt, trägt der Rathauschef eine besondere
Verant wortung für den Ausgang dieses Experi ments.
So einer darf sich mitten im Test nicht einfach ins Private
verabschieden. Zumal es nach dem erfolgreichen Auf stand der
Hanseaten gegen die radikale schwarz- grüne Schulreform für den Senat
in den nächsten Monaten ganz dicke kom men wird. Ole von
Beust hat sich in einem Moment aus der Verantwortung geschli
chen, da er dringender denn je gebraucht würde. In Hamburg; aber auch
in Berlin, wo die Alternative Schwarz-Grün für Bundeskanzlerin Angela
Merkel jetzt wohl noch ein bisschen unwahrscheinli cher
geworden ist. Was es in der Politik heißt, Verantwor tung zu
übernehmen und zu einem politi schen Projekt zu stehen selbst
bei Gefahr, dafür abgewählt zu werden, haben zuletzt ausgerechnet
zwei Sozialdemokraten be wiesen. Helmut Schmidt, als er gegen
die eigene Partei zur Nachrüstung stand, und Gerhard Schröder, als er
die Agenda 2010 durchpeitschte. Angela Merkel hat sich ei ner
solchen Bewährungsprobe bislang entzogen. Dabei böte die Krise der
Regie rungskoalition reichlich Gelegenheit da zu.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

279989

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Hamburger Schulstreit Bielefeld (ots) - »Demokratisch wertvoll« - dieses Prädikat hat der Hamburger Schulstreit allemal verdient. Auch ist er in vielerlei Hinsicht lehrreich. Lehre 1: Schulpolitik braucht Nachhaltigkeit. Strukturrefomen sind nur zu rechtfertigen, wenn ihr Nutzen über jeden Zweifel erhaben ist. Bildungspolitik verlangt Augenmaß, gerade weil sie Ländersache ist. Nirgendwo sonst kann eine Landesregierung ihre Gestaltungskraft so sehr beweisen, aber eben auch so sehr missbrauchen. Im schlimmsten Fall werden Schüler, Eltern und Lehrer im mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Nach Rücktritt von Ole von Beust: Laumann kritisiert Bundes-CDU Köln (ots) - Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und nordrhein-westfälische CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann hat angesichts der Schwäche der schwarz-gelben Bundesregierung vor weiteren Einbrüchen der CDU in den Ländern gewarnt. "Das muss in Berlin stimmiger werden", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). "Wir können in den Ländern machen, was wir wollen: Wenn das so weitergeht, ist das schwierig. Wir müssen sehen, dass wir das besser hinkriegen. Sonst wird es sehr, mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Vor 60 Jahren wurde der Zentralrat der Juden gegründet Cottbus (ots) - Die 60-jährige Geschichte des Zentralrats der Juden liest sich zunächst wie ein großer Erfolg. Es leben heute über 100000Menschen in Deutschland, die in jüdischen Gemeinden organisiert sind. Und zum Jubiläum ihres bundesweiten Vertretungsorgans wird gefragt, inwieweit es ihnen endlich gelingen mag, sich frei zu machen von der Last der Überlebenden, der Trauer um den Völkermord. Aber auch nach 60Jahren wird dies ein frommer Wunsch bleiben. Jüdisches Leben in Deutschland ist noch auf viele Jahrzehnte mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Hamburger votieren gegen Schulreform Cottbus (ots) - Das klare Votum der Hamburger Eltern gegen ein längeres gemeinsames Lernen im Grundschulalter ist sicher ein gelungener Beitrag zur Stärkung der direkten Demokratie gewesen. Ein gutes Signal für die angebliche Bildungsrepublik Deutschland war es nicht. Die CDU dürfte es sich künftig dreimal überlegen, ob sie mit einer Schulreform die bürgerlichen Wähler gegen sich aufbringen will. Und auch bei den sonst so fortschrittlichen Grünen wird mancher vorsichtiger werden. Grüne Sympathisanten mögen radikal für Bio-Kost mehr...

  • Rheinische Post: Qual der Wahl Düsseldorf (ots) - Kommentar von Michael Bröcker Die Mitgliederbefragung ist ein beliebtes Mittel in zerstrittenen Parteigliederungen, wenn ein neuer Chef gebraucht wird, aber die Bewerber zögern, taktieren und zweifeln. Ein unausweichlicher Kandidat, ein charismatischer Parteiführer im Sinne Max Webers, anerkannt, unumstritten und mutig, hat sich in der NRW-CDU der vergangenen Wochen jedenfalls nicht herauskristallisiert. Nun soll die Basis den Ausleseprozess forcieren. Drei Männer stehen wohl zur Auswahl: Andreas Krautscheid, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht