(Registrieren)

WAZ: Rot-Grün regiert ohne Mehrheit - Das Düsseldorfer Experiment. Leitartikel von Walter Bau

Geschrieben am 14-07-2010

Essen (ots) - Premiere in Düsseldorf. Die erste
Minderheitsregierung im größten Bundesland geht an den Start. Und von
Beginn an schwebt über dem Konstrukt das Damoklesschwert des
Scheiterns. Die neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die vom
grünen Partner ja erst zum Jagen getragen werden musste, wird eine
Menge taktisches und politisches Geschick zeigen müssen, soll das
rot-grüne Minderheitsexperiment zur Erfolgsgeschichte werden. Und ein
Experiment ist die Regierung Kraft-Löhrmann in mehrfacher Hinsicht.

Zwar gab es in Deutschland schon Minderheitsregierungen; meist
waren sie jedoch Provisorien, Übergangslösungen. Rot-Grün 2010 ist
aber nicht aus der Not geboren; die SPD hätte auch in eine stabile
Große Koalition mit der CDU einsteigen können, die Grünen hatten die
Option einer Jamaika-Koalition. Zudem haben Sozialdemokraten und
Grüne ausdrücklich betont, sich zwar für ihre Politik von Fall zu
Fall wechselnde Mehrheiten suchen zu wollen, gleichwohl aber
dauerhaft regieren zu wollen.

Ein Experiment ist die neue Regierung auch deshalb, weil sie auf
die Zustimmung der Linkspartei angewiesen ist, die erstmals in einem
westdeutschen Flächenland gleichsam mit am Kabinettstisch sitzt. Auch
wenn Kraft ausdrücklich alle Parteien zum Mitregieren einlädt - die
wichtigen Pläne von Rot-Grün, in der Schulpolitik, beim Thema
Energie, aber auch beim heiklen Punkt Neuverschuldung, dürften bei
CDU und Liberalen keine Zustimmung finden. So ist Rot-Grün faktisch
der Linkspartei ausgeliefert.

Trotzdem hat die Minderheitsregierung auch für die Opposition
Experiment-Charakter. CDU und FDP werden sich nicht lange auf die
bequeme Rolle der Frontalopposition zurückziehen können. Weil Rot und
Grün allein nicht regieren können, stehen auch sie in der politischen
Verantwortung - ob ihnen das gefällt oder nicht. Umso wichtiger ist
es, dass sie nach ihrem Wahldebakel schnell wieder voll
geschäftsfähig werden, personell wie inhaltlich. In Berlin wird das
Düsseldorfer Experiment mit großem Interesse verfolgt. SPD-Chef
Gabriel hat gerade öffentlich darüber spekuliert, dass das
nordrhein-westfälische Minderheitenmodell auch ein Vorbild für Berlin
sein könnte. NRW als Blaupause für den Bund. Mal wieder.

All dies macht klar: Hannelore Kraft steht mächtig unter Druck.
Die Frau, die als Seiteneinsteigerin mehr zufällig als gezielt ihre
Politik-Karriere begann, hat in politisch wie wirtschaftlich schweren
Zeiten unter nicht minder schwierigen Vorzeichen die Macht in NRW
übernommen. Glückauf.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

279321

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu NRW Halle (ots) - An raschen Neuwahlen kann die Opposition selbst zur Zeit kein Interesse haben: Die Liberalen könnten den Wiedereinzug ins Parlament verfehlen und die CDU ist ohne echte Führungsfigur. Kraft wird deshalb ihr Heil in pragmatischer Sachpolitik suchen, um nicht nur bei der Linken Mehrheitsbeschaffer zu finden. Es ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Aber ein Fünfparteiensystem legt neue Konstellationen nahe. Man sollte sie testen, um die Demokratie lebendig zu halten. Originaltext: Mitteldeutsche Zeitung mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur NRW-Landesregierung Bielefeld (ots) - Willkommen im Abenteuerland NRW! Mit der Wahl von Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin gestern und der Ernennung der Minister heute endet ein beispielloser Akt der Regierungsbildung an Rhein und Weser. Langwierig, unkalkulierbar und schließlich mit einer spektakulären Wende in Richtung Minderheitsregierung. Nun steht die rot-grüne Koalition. Die Frage ist, wie lange sie hält. Hannelore Kraft ist so etwas wie die Trümmerfrau der SPD. Kaum jemand hatte ihr solch einen Erfolg zugetraut. Sicher hat die 49-Jährige mehr...

  • Ostthüringer Zeitung: Kommentar Ostthüringer Zeitung Gera Gera (ots) - Ostthüringer Zeitung Gera zur rot-grünen Minderheitsregierung NRW: Hannelore Kraft ist unter die Artisten gegangen. Gewissermaßen. Mit ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen und als Chefin einer Minderheitsregierung balanciert die SPD-Frau auf dem Hochseil. Eine gefährliche Art der Fortbewegung. NRW steht vor einem großen politischen Experiment mit ungewissem Ausgang. Originaltext: Ostthüringer Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/74527 Pressemappe via RSS : mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Hannelore Kraft ist Ministerpräsidentin Das Abenteuer beginnt PETER JANSEN, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Zwei Monate nach der Landtagswahl beginnt das große politische Abenteuer in NRW. SPD und Grüne regieren, sie haben ohne Unterstützung, aber mit Billigung der Linkspartei Hannelore Kraft zur ersten Ministerpräsidentin gewählt. Voller hochfliegender Pläne und guter Absichten, aber ohne eigene Mehrheit machen sie sich jetzt ans Werk. Kraft, die erste Frau an der Regierungsspitze in NRW, hat in den anstrengenden Monaten seit dem 9. Mai an Statur, an Ansehen, an Respekt auch bei ihren politischen Gegnern gewonnen. mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Technische Probleme bei der Deutschen Bahn Quittung für den Buhmann JOHANN VOLLMER Bielefeld (ots) - Es ist leicht, auf die Deutsche Bahn zu schimpfen. Man erwartet Pünktlichkeit auf die Minute, trotz Strecken von hunderten Kilometern Länge, was kein Auto leisten könnte. Das Zugpersonal muss ausnahmslos freundlich und zuvorkommend sein, egal wie anstrengend es ist, täglich hunderte Fahrgäste zu kontrollieren und die immer gleichen Fragen zu beantworten. Und wehe, im Bordbistro wird statt Brötchen nur noch Graubrot zur Gulaschsuppe serviert. Bahnchef Rüdiger Grube hat von seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn einen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht