(Registrieren)

Pkw-Klimaanlagen: Wie die Deutsche Automobilindustrie einen Wortbruch zu begründen versucht

Geschrieben am 22-06-2010

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Verband der Automobilindustrie (VDA) begründet seine Entscheidung
für brennbare und hochgefährliche chemische Kältemittel mit
nachweislich falschen Fakten über das Entstehen von Fluorwasserstoff
und Flusssäure im Brandfall - Brennbarer Chemiecocktail 1234yf wird
als Ökowunder angepriesen und soll zur Kosteneinsparung der Autobauer
statt des angekündigten natürlichen Kältemittels Kohlendioxid zum
Einsatz kommen - Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) sieht
unkalkulierbare Risiken für Insassen und Rettungskräfte bei Bränden
in Tunneln und Tiefgaragen - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch:
VDA-Verbandspräsident Matthias Wissmann hat über Jahre hinweg
Öffentlichkeit und Politik systematisch getäuscht

Mit Halbwahrheiten, an den entscheidenden Stellen mit falscher
Faktendarstellung und absurden Vergleichen mit der
Wahrscheinlichkeit, einen Sechser im Lotto zu erhalten, versucht der
Verband der Automobilindustrie (VDA), seinen Einsatz für den im
Brandfalle lebensgefährlichen Chemiecocktail 1234yf als künftiges
Kältemittel in Pkw-Klimaanlagen nachträglich zu rechtfertigen. Das
unter Fachleuten umstrittene chemische Kältemittel der Chemieriesen
Honeywell und DuPont mutiert in der VDA-Darstellung zu einem
Ökowunder ohne Risiken. Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe e.V.
(DUH) unter Hinweis auf ein "Handout" des VDA vom 20.5.2010, das bis
heute nicht offiziell veröffentlicht, sondern ausgewählten
Pressevertretern Ende Mai anlässlich eines
Presse-Hintergrundgesprächs schmackhaft gemacht werden sollte. Doch
einige Fachjournalisten, wie das Magazin "Auto-Motor-Sport" in seiner
aktuellen Ausgabe dokumentiert, können sich noch sehr gut daran
erinnern, wie sich die deutschen Autobauer anlässlich der "grünen
IAA" im Jahr 2007 für ihre Entscheidung gegen chemische Kältemittel
feiern ließen.

"Die deutschen Autobauer haben einmal mehr ihr Wort gebrochen.
Damit ist auch die Glaubwürdigkeit ihres Verbandspräsidenten Matthias
Wissmann dahin. Aus Profitgier werden Autofahrer und Rettungskräfte
bei Tunnel- und Tiefgaragenbränden extremen Gesundheitsgefahren
ausgesetzt. Da zwischenzeitlich die Brennbarkeit eingeräumt und das
Entstehen von Fluorwasserstoff eingeräumt werden muss, versucht der
VDA diese Gefahren mit statistischen Tricks als unwahrscheinlich
darzustellen und täuscht die Öffentlichkeit mit falschen Angaben über
die maximal gemessenen Giftkonzentrationen im Brandfall", kommentiert
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch die Hinterzimmer-Argumentation
des VDA. Resch erinnerte daran, dass der VDA und sein damals frisch
gewählter Präsident Matthias Wissmann sich vor nicht einmal drei
Jahren anlässlich der "grünen Automobilausstellung IAA" für die
Ankündigung hatte feiern lassen, in Zukunft in Pkw aus deutscher
Produktion ausschließlich das natürliche und umweltschonende
Kältemittel CO2 einsetzen zu wollen (s. DUH-PM vom 27. Mai 2010).

Die der DUH vorliegende VDA-Argumentation ist ein Musterbeispiel
dafür, wie durch Weglassen, Halb- und Unwahrheiten das aus
Profitinteressen gewählte chemische Kältemittel zur besten denkbaren
Lösung und das natürliche Kältemittel zu einem Problemstoff
stilisiert werden kann.

Entlarvend ist der Versuch, die Risiken und Gefahren des Einsatzes
von 1234yf für Autoinsassen nach einem Unfall herunterzuspielen. "Die
in dem Hintergrundpapier enthaltenen Behauptungen über die
Freisetzung von Giftgasen sind nachweislich falsch", sagte Resch.
"1234yf ist leicht entzündbar und setzt im Brandfall deutlich höhere
Giftmengen frei als vom VDA behauptet. Und wir können dies auch
beweisen." Bei zwei Simulationen von Fahrzeugbränden hat die DUH
Konzentrationen des Giftgases jenseits von 90ppm gemessen. Die
Ergebnisse waren später bei der Bundesanstalt für Materialforschung
und -prüfung (BAM) unter Laborbedingungen wiederholt und bestätigt
worden. Der VDA leugnet aus gutem Grund solche gesundheitsgefährdende
Werte der lebensbedrohlichen, stark ätzenden Giftgase für Insassen
und Rettungskräfte. Nach Behauptung des VDA sei die maximal gemessene
Konzentration, der Personen (Insassen oder Helfer) unter
worst-case-Bedingun¬gen im oder am Fahrzeug ausgesetzt werden könne,
50ppm. Die von der DUH gemessenen Fluorwasserstoffkonzentrationen von
über 90ppm in der Atemluft lagen um das mind. 45-fache über den
Kurzzeit-Arbeitsplatzgrenzwerten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin.

Nach VDA-Angaben ist das nun favorisierte Kältemittel 1234yf
vergleichbar sicher im Einsatz wie das bisherige Kältemittel R 134a,
es sei weltweit akzeptiert und könne in heute üblichen
Pkw-Klimaanlagen verwendet werden. Außerdem sei es "in der Praxis
schwer entflammbar". Eine für die DUH "freche Lüge". Denn selbst der
Hersteller Honeywell stuft 1234yf in einem Sicherheitsdatenblatt als
"hochentzündlich" ein. 1234yf muss gemäß EG-Richtlinie 67/548/EWG
(Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die
Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) mit dem
Gefahrensymbol F+ gekennzeichnet werden. F+ steht für Chemikalien,
deren Gase und Dämpfe mit der Umgebungsluft explosionsfähige Gemische
bilden und für Chemikalien, die bei Anwesenheit einer Zündquelle sehr
leicht entzündet werden können.

"Die Selbstentzündungstemperatur von 1234yf liegt bei 405°C, die
Temperaturen im Motorraum bei einer normalen Stadtfahrt liegen
zwischen 600 und 700°C. Bei jedem Unfall, bei dem Kältemittel
ausströmt, ergibt sich somit eine erhebliche Brandgefahr", erklärte
Resch. "In mehreren simulierten Unfällen hat sich das Kältemittel
entzündet, das Feuer hat sich binnen Minuten auf den gesamten
Motorraum ausgeweitet." Resch forderte von den deutschen Autobauern,
ihre 2007 gegebene Zusage einzuhalten und ab dem kommenden Jahr mit
CO2 ein ungefährliches, natürliches Kältemittel einzusetzen.

Die DUH steht mit ihrer Kritik an dem Chemiecocktail längst nicht
allein. Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt warnen nach
eigenen Untersuchungen vor 1234yf. Auch mehrere Techniker und
Ingenieure der deutschen Autobauer haben sich bei der DUH gemeldet
und mitgeteilt, dass sie die Entscheidung für 1234yf und gegen das
natürliche Kältemittel CO2 für falsch und riskant halten.

Hintergrund

In Europa ist ab Januar 2011 die Verwendung des bisherigen
Kältemittels R134a in Autoklimaanlagen neuer Fahrzeugtypen verboten.
Das Kältemittel R134a zählt zu den im Kyoto-Protokoll aufgeführten
Treibhausgasen, die reduziert werden müssen. Das Europäische
Parlament hat einen Ausstiegsplan dafür festgelegt, wörtlich heißt
es: "Nach dem 01. Januar 2011 dürfen keine neuen EG-Typgenehmigungen
für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge erteilt werden, wenn
die im Fahrzeug enthaltene Klimaanlage darauf ausgelegt ist,
fluorierte Treibhausgase mit einem GWP-Wert über 150 zu enthalten."

Unter http://www.duh.de/klimaanlage_film.html dokumentieren zwei
Brandtests, dass das chemische Kältemittel 1234yf eine
hochentzündliche und im Brandfall toxisch wirkende Chemikalie ist.
Untersuchungen der DUH und der Bundesanstalt für Materialforschung
und -prüfung (BAM) sowie des Umweltbundesamtes hatten die negativen
Folgen bei einem Autounfall für Fahrer und Rettungspersonal
aufgezeigt.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Eva Lauer, Projektleiterin Fahrzeugkühlung, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 2400867-76, lauer@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 2400867-21, Mobil: 0171 5660577,
rosenkranz@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

275348

weitere Artikel:
  • Fuchs: Weitere Konjunkturprogramme der falsche Weg Berlin (ots) - Zum bevorstehenden G-20-Gipfel in Kanada und den Äußerungen des Ökonomie-Nobelpreisträgers Paul Krugman über die deutsche Stabilitätskultur erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Michael Fuchs MdB: Krugman ist für seine Provokationen bekannt. Der US-Ökonom sieht in Bundesbankpräsident Axel Weber ein "Risiko für den Euro", sollte dieser im kommenden Jahr Jean-Claude Trichet als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) beerben. Nicht nur mischt sich Krugman mit seinen mehr...

  • Fuchs: Die Zeichen stehen auf Aufschwung Berlin (ots) - Zum jüngsten Ifo-Geschäftsklimaindex erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Michael Fuchs MdB: Entgegen der Prognose der Analysten ist der Ifo-Geschäftsklimaindex im Juni 2010 überraschend gestiegen. Die insgesamt rund 7.000 befragten Unternehmen beurteilen ihre Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate besser als noch im Vormonat: Wie das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) mitteilt, liegt der aktuelle Index bei 101,8 Punkten. Im Mai lag mehr...

  • Rheinische Post: Krautscheid tritt nicht als Fraktionschef an Düsseldorf (ots) - Andreas Krautscheid tritt nicht als Kandidat für den Vorsitz der CDU-Landtagsfraktion an. In der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion erklärte Krautscheid, er wolle Generalssekretär der NRW-CDU bleiben. Das berichtet die in Düsseldorf erscheinende Zeitung RHEINISCHE POST (Mittwochausgabe) unter Berufung auf CDU-Fraktionskreise. Als Bewerber für den CDU-Fraktionsvorsitz bleiben Armin Laschet (bisher Familienminister) und Karl-Josef Laumann (bisher Arbeitsminister) im Rennen. Die Wahl des CDU-Fraktionschefs soll mehr...

  • Energiepolitische Gespräche im Kanzleramt / Bundesregierung darf im Energiekonzept die Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht außer Acht lassen Berlin (ots) - Im Vorfeld des Gesprächs der Bundeskanzlerin mit den Spitzen der großen Energiekonzerne macht der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) deutlich, dass alle relevanten Akteure in die Beratungen zu einem zukunftsfähigen Energiekonzept für Deutschland eingebunden werden müssen. "Die Stadtwerke wollen sich kurz- und mittelfristig mit rund 12,5 Milliarden Euro für den Ausbau einer dezentralen Energieerzeugung mit einem hohen Anteil an Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und erneuerbaren Energien engagieren", so VKU-Hauptgeschäftsführer mehr...

  • Einladung zum Pressegespräch: Sonnenblume sticht Brokkoli / Europäisches Patentamt in München will Pflanzen und Tiere weiter patentieren lassen München (ots) - Mit Spannung wird die Entscheidung des Europäischen Patentamtes (EPA) zu einem umstrittenen Patent auf Brokkoli am 20. Juli erwartet - nicht weniger als ein Grundsatzurteil zur Patentierbarkeit normal gezüchteter Tiere und Pflanzen soll gesprochen werden. Landwirte und Zuchtbetriebe hoffen, dass das Brokkoli-Urteil die Flut an Patentanträgen auf Pflanzen und Saatgut bremsen wird. Hunderte Organisationen und Verbände haben sich mit einer Petition an das EPA gewandt, 60.000 Bürgerinnen und Bürger haben unterzeichnet. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht