(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Nur noch in den Wahlkampf retten - Leitartikel

Geschrieben am 19-05-2010

Berlin (ots) - Das Chaos in der Koalition ist beklagenswert. Es
erfolgt keine Führung, wichtige Zukunftsthemen werden im Streit
zerredet, erklärt wird wenig. Die Spitze wartet ab, wie sich die
Mehrheiten zurechtruckeln. Diese Beschreibung gilt für Schwarz-Gelb
im Bund und die zögerliche Kanzlerin Angela Merkel. Aber das gleiche
Bild zeigt anderthalb Jahre vor der nächsten Wahl auch Klaus
Wowereits Berliner Bündnis mit den Linken. 2006 hatte der
Sozialdemokrat trotz anderer Optionen seine Wunschkoalition mit der
damals noch PDS genannten Partei erneuert. Inzwischen eint die beiden
Partner nur noch der Wunsch, sich einigermaßen in Würde in den
Wahlkampf zu retten. Von Gemeinsamkeiten in der praktischen Politik
kann kaum noch die Rede sein. Die SPD, jedenfalls die Mehrheit ihrer
Abgeordnetenhausfraktion und ihre Verkehrssenatorin, will die A 100
weiterbauen - der Koalitionspartner will das verhindern. Die linke
Umweltsenatorin legt das x-te Klimaschutzgesetz vor, die SPD weist es
zurück. Die SPD will Shoppen am Sonntag im Hauptbahnhof, die Linke
blockiert. Die Linke will den Mieterhöhungsopfern in früheren
Sozialwohnungen helfen, die SPD-Senatorin bleibt untätig. Der linke
Wirtschaftssenator will das ICC zur Sanierung schließen, die
SPD-Leute glauben ihm nicht. Und in der Causa Charité arbeiten bisher
alle gegen alle. Die Liste der Baustellen ließe sich problemlos
verlängern. Von Geschlossenheit und Mannschaftsspiel kann keine Rede
mehr sein. Es hat sich erwiesen, dass die Linke sich nicht mehr so
handzahm verhält wie in der ersten Auflage der rot-roten Koalition
von 2002 bis 2006. Die Berliner Regierungslinken stehen unter
innerparteilichem Druck, Profil zu zeigen und Konflikte deutlich zu
machen, wenn sie sich denn schon im Senat die Finger mit Realpolitik
schmutzig machen. Der Widerstand gegen den zumindest vom
Finanzsenator gewünschten Abbau von Krankenhausbetten, gegen
Überlegungen zum weiteren Personalabbau, gegen ein liberaleres
Ladenöffnungsgesetz, eine teure Autobahn sowie der Kampf für
kostenträchtige Sozialpflaster wie geförderte Jobs sollen deutlich
machen, wozu Regieren gut sein kann. Die Berliner SPD hat dem wenig
entgegenzusetzen. Inhaltlich mäandert die Partei zwischen Wunsch und
Realität, zwischen Sozialgeschenken wie der Gratis-Kita und
Konsolidierungsrhetorik. Die SPD kann sich nicht entscheiden, was sie
will. Das verdeutlicht ihr Lavieren in der Autobahnfrage: zwischen
autofreundlicher Politik für die A 100 und autofeindlicher Aktion
beim begleitenden Regelwerk, das Tempo 30, mehr Parkzonen und neue
Straßenbahnen verspricht. Wer soll das verstehen? An wen richtet sich
diese Botschaft? Zu allem hält sich der Regierende Bürgermeister
bedeckt, um sich alle Optionen offenzuhalten. Dieses persönliche
Erfolgsrezept hat Wowereit sich wohl bei Angela Merkel abgeschaut.
Für Berlin ist das ebenso schädlich wie für Deutschland.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

269435

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Chaos in Thailand Düsseldorf (ots) - Das thailändische Militär hat mit Waffengewalt das seit Monaten von der Opposition besetzte Zentrum von Bangkok geräumt, die Führer der Proteste haben sich ergeben und wurden verhaftet. Dass jetzt Frieden einkehrt in Thailand, ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Selbst wenn in Bangkok die Lage aus Sicht der Regierung zunächst wieder unter Kontrolle ist, so ist in anderen Städten des Landes noch längst keine Ruhe eingekehrt. Inzwischen ist auch die politische Führung der Opposition zerstritten und damit kaum noch mehr...

  • Rheinische Post: Satte Atom-Gewinne Düsseldorf (ots) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nach sechs Monaten des Stillstands entschieden, endlich zu regieren. Davon betroffen ist auch die umstrittene Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke: Merkel will hier noch vor der Sommerpause Nägel mit Köpfen machen. Der quälende Streit zwischen Umweltminister Röttgen, der die AKW möglichst bald abschalten möchte, und den Konservativen in der CDU, die den Meilern eine möglichst lange Lebensdauer bescheren wollen, soll nicht mehr negativ auf Partei und Kanzlerin abfärben. mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Start der rot-grün-roten Sondierungsgespräche Unkalkulierbares Risiko PETER JANSEN, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob NRW als erstes großes Bundesland im Westen von einer Koalition aus SPD, Grünen und der neuen Linkspartei regiert werden wird. Die roten und grünen Wunschpartner treffen heute zu einer ersten Fühlungnahme mit der Linken zusammen, die sie zur Bildung einer handlungsfähigen Regierung brauchen. Von Koalitionsverhandlungen sind die drei Parteien noch weit entfernt. Zunächst soll getestet werden, ob Demokratieverständnis und politische Vorstellungen so weit übereinanderpassen, mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Ölteppich im Golf von Mexiko Schmutzige Geschäfte NICOLE HILLE-PRIEBE Bielefeld (ots) - Während das Ökosystem im Golf von Mexiko kurz vor dem Kollaps steht, scheitert die US-Regierung mit ihrem Versuch, die Ölindustrie per Gesetz für Schäden stärker zur Kasse zu bitten. Die Obergrenze liegt bei rund 75 Millionen Dollar - eine Summe, vor der ein Unternehmen wie BP, das seinen Gewinn im Rekordjahr 2008 mit 25,6 Milliarden Dollar um 40 Prozent steigern konnte, nicht Bange sein muss. Aber Geldstrafen sind ohnehin der falsche Weg: Umweltsünder dieses Kalibers gehören ins Gefängnis, damit die Welt vor ihrer mehr...

  • Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Merkels Euro-Erklärung Rostock (ots) - Es ist ein Satz, wie in Stein gemeißelt: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa." Kleiner hatte es die Kanzlerin gestern im Bundestag gerade nicht. Kleiner ging auch nicht. Denn Angela Merkel hat in diesem Punkt absolut recht. Das politische Schicksal der Europäischen Union - und ihres gleich mit - ist an die Rettung des Euro geknüpft. Implodiert der Euro, kippt die ganze EU in ihrer alten Form hinterher. Doch während die Franzosen wenigstens einen Plan in der größten Krise Europas seit dem Zweiten Weltkrieg haben, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht