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Berliner Morgenpost: Gebete und Gesetze helfen nicht weiter - Leitartikel

Geschrieben am 16-05-2010

Berlin (ots) - Seit dem 20. April blutet Rohöl aus der Bohrwunde
im Golf von Mexiko. Zwischen 200.000 und zwei Millionen Liter täglich
ergießen sich aus dem Loch in 1500 Meter Tiefe. Jeder weiß
inzwischen, wie brandgefährlich Tiefseeförderung ist, wie nahe am
Glücksspiel. Bestürzender als BPs vergebliche Abdichtungsversuche ist
jedoch die Ohnmacht der Supermacht USA, die nicht mehr tun kann, als
Gebete und strengere Gesetze auf den Weg zu schicken. Manche nennen
die Havarie der "Deepwater Horizon" das "Tschernobyl der
Ölförderung". Andere erinnern an die abgebrochene Mondmission von
"Apollo 13" im April 1970. Der Vergleich mit den Pionieren des
Weltalls führt aber in die Irre. Die Ölkonzerne haben nicht den
großen Schritt für die Menschheit im Sinn - das müssen sie auch
nicht. Ihr Vorstoß an die Grenzen des technisch Machbaren (und
jenseits des Beherrschbaren) dient dem Gewinnstreben, nichts sonst.
Die Regierung muss das Gemeinwohl im Auge haben, nicht der Konzern.
Was der US-Admiral Thad Allen "die Tyrannei der Tiefe" nennt, ist
eine selbst gewählte Tyrannei. Niemand muss sich ihr beugen. Fest
steht nach den Anhörungen im US-Kongress, dass die Regierung ihrer
Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist. Sei es aus kungelnder
Nachlässigkeit, sei es aus dem Unvermögen der Behörden,
Tiefseebohrungen zu kontrollieren oder in allen technischen Details
zu erfassen. Das zuständige Amt zur Verwaltung der Bodenschätze
vertraute BP blind. Aber für die Konzerne ist es billiger, Unfälle
und Strafgebühren zu riskieren, als in Sicherheitssysteme zu
investieren. Präsident Barack Obama gab unter dem Eindruck der
Anhörungen erzürnt zu, das Kontrollsystem habe "versagt, schlimm
versagt". Er werde dafür sorgen, dass es mit der "gemütlichen
Beziehung" zwischen Staat und "Big Oil" ein Ende habe. Aber vorerst
schaudern die Amerikaner ob des Versagens ihrer Behörden und ihres
Parlaments. Man muss keinen Verschwörungstheorien anhängen, um
beklemmende Gemeinsamkeiten mit der Kasinomentalität von Bankern an
der Wall Street zu erkennen. Der Staat ist Zuschauer - am Ende
bestenfalls Großsanierer. Im US-Senat ist ein Eilgesetz anhängig, das
den maximalen Schadenersatz für Umweltsünden auf zehn Milliarden
Dollar anheben will - statt der lachhaften 75 Millionen Dollar, die
heute gelten. Präsident Obama versäumt keine Gelegenheit zu
versichern, BP werde die Rechnung für die Ölpest begleichen. Doch die
Menschen in Louisiana, durch das Versagen des Staates nach dem
Hurrikan "Katrina" auf schmerzhafte Weise klug geworden, setzen eher
auf BP als auf den Präsidenten. Noch ist ungewiss, ob das Öl in
schwarzen, zähen Wellen an den Strand schwappt oder ob es auf den
Meeresboden sinkt und dort die Nahrungskette auf Jahre verseucht. Die
Tyrannei der Tiefe hat erst begonnen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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