Neues Deutschland: zu Vorhaben von Kanzlerin Merkel, den Koalitionsvertrag auf den Prüfstanf zu stellen
Geschrieben am 13-03-2006 |
Berlin (ots) - Fast hatte man sich an das Kuscheln in der großen Koalition gewöhnt. Kabarettisten wie Hildebrandt mutmaßten schon, Merkel und Müntefering hätten ein Verhältnis. Doch wie im richtigen Leben dauern auch in der Politik Flitterwochen nicht ewig. Der Alltag hat die Turteltäubchen erreicht. Für die Kanzlerin gehört der Koalitionsvertrag auf den Prüfstand, für ihren Vize ist er sakrosankt. Merkel will mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, Müntefering zeigt sich da - derzeit - wenig flexibel. Dass hinter den Kulissen längst die Messer gewetzt werden, ist kein Geheimnis. In der Union wird gewarnt, ja nicht alles mit der SPD Ausgehandelte eins zu eins umzusetzen - in der SPD gekeift, dass die Regierungschefin sich zu wenig um die Innenpolitik kümmert. Noch ist der Unmut schaumgebremst, da die Großkoalitionäre wie gebannt auf die drei Landtagswahlen am 26. März schauen, wo man heftig konkurriert. Danach, so Merkel, beginnt die zweite Etappe der Regierungsarbeit - und das klingt nach dem berühmten Wink mit dem Zaunpfahl. Ob die von der Kanzlerin zugleich angekündigte Reform-Offensive Beruhigung für den eigenen Laden oder Drohung an den Koalitionspartner sein soll, ist dabei marginal. Wichtiger schon, ob die Union ihre »neue Gerechtigkeit« ungebremst durch die SPD umsetzen kann. Nach Münteferings Rente mit 67 allerdings können sich die Erwartungen in Grenzen halten. Insofern ist auf dessen Flexibilität denn doch Verlass.
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