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WAZ: Kanzlerin in der Kritik - Merkels Zeit als Moderatorin ist vorbei - Leitartikel von Walter Bau

Geschrieben am 12-05-2010

Essen (ots) - Durchregieren - Angela Merkels alter Traum. Er wurde
schon 2005, als die CDU-Chefin gemeinsam mit der FDP die
abgewirtschaftete rot-grüne Regierung Schröder/Fischer ablösen
wollte, nicht Realität. Merkel musste in die Große Koalition. Heute
ist die Regierungschefin trotz einer schwarz-gelb gefärbten
Bundesregierung weiter denn je davon entfernt. Statt Durchregieren
ist Durchwurschteln angesagt. Auf den pannenreichen Stolperstart
ihrer Koalition folgte die Pleite der "Eurofighterin" Merkel. Bis
dato als clevere Krisenmanagerin gerade auf internationalem Parkett
gefeiert, glitt ihr bei den Verhandlungen über das Euro-Rettungspaket
das Heft des Handelns aus der Hand. Aus der gewieften Taktikerin
wurde eine unsichere Zauderin. Kam die Kritik an der Kanzlerin
bislang vor allem aus den Reihen der Opposition, so scheinen nach dem
Wahldebakel der CDU in NRW und dem Verlust der Bundesrats-Mehrheit
auch in Merkels eigener Partei alle Dämme zu brechen. Die
Heckenschützen in der Union, die offenbar schon lange auf eine
Schwäche der Vorsitzenden gelauert haben, treten nun aus der Deckung.
So verkündet etwa CDU-Vorstandsmitglied Josef Schlarmann unverhohlen,
er sehe die Gefahr, "dass das schwarz-gelbe Projekt im Bund nach nur
sieben Monaten schon wieder vor dem Ende steht". Aus Bayern zielt die
CSU auf Merkel, auch der Hesse Roland Koch prescht vor. Der
Autoritätsverlust der Regierungs- und Parteichefin ist dramatisch.
Merkel, die große Moderatorin, muss ihren Führungsstil ändern.
Abwartendes Taktieren, bislang ihre Stärke, wird ihr künftig als
Schwäche ausgelegt werden. Sie muss den liberalen Koalitionspartner
in die Schranken weisen; die Absage an umfängliche Steuersenkungen
kann da nur der erste Schritt gewesen sein. Als CDU-Chefin muss sie
sich dem Streit in ihrer Partei stellen und die Marschrichtung
vorgeben, statt sich treiben zu lassen. Doch das Grundproblem Merkels
bleibt: Sie hat für weite Teile ihrer Politik den falschen
Koalitionspartner. Die Liberalen versuchen, sich mit
populistisch-maßlosen Forderungen zu profilieren, fühlen sich ständig
missverstanden, gefallen sich in der Rolle der dauerbeleidigten
Leberwurst. Antworten auf drängende Fragen, etwa auf die
Zügellosigkeit der Finanzmärkte, bleiben sie schuldig. Konnte sich
Merkel vier Jahre lang auf verlässliche Partner wie Frank-Walter
Steinmeier und Peer Steinbrück stützen, ist sie nun auf
augenscheinlich überforderte Leute wie Guido Westerwelle oder Rainer
Brüderle angewiesen. Keine schöne Perspektive.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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