(Registrieren)

'Börse Online'-Interview mit Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer: "Ein Land muss in die geordnete Insolvenz geschickt werden können"

Geschrieben am 11-05-2010

Frankfurt (ots) - Rettungspaket hilft kurzfristig / Langfristig
wird das Vertrauen in die EZB und den Euro unterminiert / Umschuldung
der griechischen Schulden kaum zu vermeiden / Griechenland könne
nicht nur illiquide, sondern bankrott werden / Ähnliche Probleme in
Portugal erwartet / Spanien und Irland sind dagegen in einer anderen
Liga / Euroland brauche eine Institution für Lösung von
Staatsschuldenkrisen / Euro nähere sich fundamental gerechtfertigtem
Wert / Optimistisch für Aktienmärkte, Emerging Market-Bonds und
Rohstoffe

Kurzfristig dürfte es gelingen, die Märkte mit dem
750-Milliarden-Programm für angeschlagene Euro-Länder zu
beeindrucken, urteilt Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank,
über das EU-Rettungspaket in einem Interview mit dem Anlegermagazin
'Börse Online' (Ausgabe 20/2010, EVT 12. Mai). Allerdings habe die
Europäische Zentralbank (EZB) dabei ihre Unschuld verloren, indem sie
sich zum Gehilfen der Fiskalpolitik machen ließ. "Langfristig wird
dies das Vertrauen in die EZB und den Euro unterminieren", vermutet
Mayer.

Die Gefahr, dass Euroland auf dem Weg in die Transferunion sei,
sieht der Ökonom als gegeben: "Es ist völlig unklar, ob man das Geld,
das nach Griechenland fließt, wiedersehen wird. Bekommt man es nicht
wieder zurück, ist es natürlich ein Fiskaltransfer." Helfe man
Griechenland aber nicht, wäre eine neuerliche Banken- und Finanzkrise
die Folge. "Bei einer solchen Krise im Euro-Raum müsste die EZB als
'lender of last resort' einspringen." Die Alternative wäre also
Geldschöpfung, was ebenfalls gegen den Maastricht-Vertrag verstieße.

Mayer hält es für fraglich, ob sich eine Umschuldung der
griechischen Schulden vermeiden lässt. Denn die griechische
Wirtschaft sei strukturell sehr schwach und weise eine Export-quote
von weniger als 20 Prozent auf. "Exporte sind aber bei einem
Anpassungsprogramm, wie es Griechenland auferlegt wurde, enorm
wichtig." Man müsse damit rechnen, dass das Land nicht nur illiquide,
sondern sogar bankrott werde.

Zur Gefahr von Domino-Effekten in der Euro-Zone meint der Ökonom:
"Portugal steht zwar fundamental betrachtet besser da als
Griechenland, hat aber auch große Probleme." Es sei nicht ganz
unberechtigt, dass sich die Märkte fragen, ob das Land auf Dauer mit
dieser hohen Staatsverschuldung leben könne. Dagegen sieht er Spanien
und Irland in einer anderen Liga spielen. Die Iren hätten mehrfach
bewiesen, dass sie sich aus eigener Kraft aus Krisen befreien
könnten; und auch Spanien habe sein Schicksal selbst in der Hand.

Euroland brauche eine Institution, die eine Staatsschuldenkrise
ohne Vertragsverletzung lösen könne, fordert Mayer: "Die muss ein
Land auch in eine geordnete Insolvenz schicken können." Ein solcher
Fiskalagent oder Europäischer Währungsfonds könne "moral hazard"
verhindern, dass also Schuldnerländer sich darauf verlassen, von den
Euro-Partnern gerettet zu werden.

Es sei nicht besonders schlau gewesen, alles in der Schwebe zu
lassen, den IWF reinzuholen, zu sagen, eine Umschuldung für
Griechenland stehe nicht auf der Agenda, eine staatliche Insovenz
könne nicht, dürfe nicht passieren. "Das klingt alles so ein bisschen
wie das Pfeifen im Walde", urteilt Mayer im 'Börse Online'-Interview.
"Da machen sich die Märkte natürlich Sorgen."

Der Euro, der durch die Schuldenkrise belastet wird, war nach
Meinung Mayers lange zu stark, was es der Euro-Zone erschwert hätte,
aus der Rezession zu kommen. Derzeit nähere er sich dem fundamental
gerechtferigten Wert, was zu begrüßen sei. "Kritisch wird es, wenn
wir die aktuellen Probleme nicht in den Griff bekommen."

Für die Aktienmärkte ist der Chefvolkswirt zuversichtlich: "Das
globale Umfeld ist gut, die Weltwirtschaft brummt, die
Notenbankzinsen bleiben niedrig, die Liquidität ist reichlich." Gut
gefallen ihm Emerging Market-Bonds, bei denen neben teilweise
interessanten Zinsen auch Währungsgewinne winken. Rohstoffe hält er
ebenfalls für attraktiv; und Gold erlebe ein Comeback als
internationale Reservewährung. "Zentralbanken und größere Investoren
halten wieder mehr davon - als Alternative zu Dollar, Euro und Yen."

Originaltext: Börse Online, G+J Wirtschaftsmedien
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67525
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67525.rss2

Pressekontakt:
Ludwig Heinz, G+J Wirtschaftsmedien, Ressort Geld
Tel.: 069/15 30 97 753, Fax 069/15 30 97 799
E-Mail heinz.ludwig@guj.de
www.boerse-online.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

267809

weitere Artikel:
  • EANS-Hinweisbekanntmachung: DVB Bank SE / Bekanntmachung gemäß § 37v, 37w, 37x ff. WpHG mit dem Ziel der europaweiten Verbreitung -------------------------------------------------------------------------------- Hinweisbekanntmachung für Finanzberichte übermittelt durch euro adhoc mit dem Ziel einer europaweiten Verbreitung. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich. -------------------------------------------------------------------------------- Hiermit gibt die DVB Bank SE bekannt, dass folgende Finanzberichte veröffentlicht werden: Bericht: Konzern-Quartalsfinanzbericht innerhalb des 1. Halbjahres Deutsch: Veröffentlichungsdatum: 14.05.2010 Veröffentlichungsort mehr...

  • EANS-Hauptversammlung: BENE AG / Einladung zur Hauptversammlung -------------------------------------------------------------------------------- Information zur Hauptversammlung übermittelt durch euro adhoc. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich. -------------------------------------------------------------------------------- BENE AG Waidhofen an der Ybbs Einladung zu der am Mittwoch, dem 9. Juni 2010, um 11.00 Uhr im Schlosscenter Waidhofen an der Ybbs 3340 Waidhofen an der Ybbs, Am Schlossplatz 1 mehr...

  • ERS: Versatel AG / 3-Monatsbericht 2010 Versatel AG / 3-Monatsbericht 2010 / ERS-Dokument übermittelt von news aktuell an das Exchange Reporting System (ERS) der FWB/Deutsche Börse AG gemäß §§ 65 ff Börsenordnung. Folgende PDF-Dokumente liegen vor: - 3-Monatsbericht deutsch - 3-Monatsbericht englisch -------------------------------------------------------------------------------- mehr...

  • "Die Aktiengesellschaft" in sechster Auflage erschienen - das Standardwerk zur AG Freiburg (ots) - Seit der grundlegenden Neubearbeitung des Titels "Die Aktiengesellschaft" in der fünften Auflage sind gesetzgeberische Aktivitäten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts in außergewöhnlichem Umfang zu verzeichnen. Das liegt nicht nur an den Verwerfungen infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und dem dadurch ausgelösten Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG), sondern auch an lange schon zuvor geplanten grundlegenden Reformvorhaben sowie Vorgaben der Europäischen Union. Diese und andere Aspekte haben die mehr...

  • EANS-Hauptversammlung: Warimpex Finanz- und Beteiligungs AG / Einladung zur Hauptversammlung -------------------------------------------------------------------------------- Information zur Hauptversammlung übermittelt durch euro adhoc. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich. -------------------------------------------------------------------------------- Warimpex Finanz- und Beteiligungs Aktiengesellschaft, FN 78485w mit Sitz in Wien ("Gesellschaft") Einladung zu der am Mittwoch, den 2. Juni 2010 um 11:00 Uhr in 1210 Wien, "floridotower", mehr...

Mehr zu dem Thema Finanzen

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Century Casinos wurde in Russell 2000 Index aufgenommen

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht