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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 5. Mai 2010 die aktuelle Steuerschätzung:

Geschrieben am 04-05-2010

Bremen (ots) - Der Steuer-Spagat

von Joerg Helge Wagner 40 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen
bis 2013, bis zum Ende der Amtszeit dieser schwarz-gelben
Bundesregierung - muss die sich also vom Kern ihres
Koalitionsvertrages verabschieden? Sind ihre Pläne für eine weitere
Entlastung der Bürger um 16 Milliarden Euro tatsächlich "mausetot",
wie SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann glauben machen
möchte? Da sollte man sich Zahlen und Fakten genauer ansehen.
Zunächst: Es gibt noch gar keine Zahlen des Arbeitskreises
Steuerschätzung. Was gestern so eifrig diskutiert wurde, war eine
Vorlage des Bundesfinanzministers für eben diesen Kreis. Dort aber
sind auch das Bundeswirtschaftsministerium, die Bundesländer, die
kommunalen Spitzenverbände, die Bundesbank, das Statistische
Bundesamt, Deutschlands sechs führende Wirtschaftsinstitute und der
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung vertreten. Geballter Sachverstand also, aber auch eine
geballte Ladung verschiedener Interessen. Entsprechend ist die
Steuerschätzung immer eine Komposition für einen Chor
unterschiedlichster Stimmen - der alte Fuchs Schäuble wollte nur
schon einmal die Tonart vorgeben: Moll! Angesichts der
Rekordneuverschuldung, des Millionenheeres von
Transferleistungsbeziehern und der riskanten Milliarden-Bürgschaft
für den wirtschaftsschwachen Pleitestaat Griechenland ist das
verständlich. Schließlich hat man sich auch noch eine Schuldenbremse
ins Grundgesetz montiert und ehrgeizige Ziele von Familienpolitik bis
Klimaschutz formuliert. Schäuble kann gar nicht anders: Er muss schon
aus Pflichtgefühl mahnend den Zeigefinger heben. Aber gibt es
tatsächlich keinerlei Spielräume, wie die Opposition mit kaum
verhohlener Schadenfreude in jedes Mikrofon trompetet? Ist wirklich
gar kein Geld mehr da? Das zumindest kann niemand behaupten, immerhin
nehmen Bund, Länder und Gemeinden auch 2010 wieder satte 511
Milliarden Euro ein. Nur Steuern, wohlgemerkt, allerlei Gebühren
kommen noch hinzu. Da darf man schon einmal die Frage stellen, ob
eine Entlastung der Steuerzahler um 16 Milliarden - in den nächsten
drei Jahren - tatsächlich so ein aberwitziges, schier utopisches Ziel
ist. Die Liberalen haben Recht, wenn sie die Kernaufgaben des Staates
hinterfragen. Muss er etwa wirklich für jedes dritte Kleinkind einen
Krippenplatz vorhalten und dann auch noch Eltern, die dankend
verzichten, ein Betreuungsgeld zukommen lassen? Ist der soziale
Friede wirklich in Gefahr, wenn im Hallenbad das Wasser nicht mehr
lauwarm ist und nicht mehr jeder Stadtteil sein eigenes
Kleinkunstzentrum hat? Darf eine Kulturnation tatsächlich niemals die
Subvention von Theatern und Museen in Frage stellen - oder darf sie
sich auch auf privates Mäzenatentum verlassen, wenn sie den Bürgern
genug Mittel für solches Engagement lässt? Es gäbe weitere Beispiele.
Sozialdemokraten in der Nach-Schröder-Zeit dürfen leider nicht mehr
so fragen. Dabei könnten sie mit einer ehrlichen Neuformulierung
unbedingt notwendiger Staatsaufgaben durchaus auch die Liberalen
stellen: Etwa mit der Frage, ob der Staat denn unbedingt jährlich 11
Milliarden Euro ausgeben muss, um 1,3 Millionen Berufstätigen beim
Überleben zu helfen - oder ob es nicht vielmehr eine unternehmerische
Pflicht sei, den eigenen Arbeitnehmern angemessene Löhne zu zahlen,
statt dies auf die Solidargemeinschaft der Steuerzahler abzuwälzen.
Die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen ist tatsächlich eine
Frage des politischen Willens, wie FDP-Finanzexperte Volker Wissing
sagt. Das gilt auch für seine Partei.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de


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