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Stahl: Höhere Preise, mehr Risiko, aber weniger Rendite

Geschrieben am 19-04-2010

München (ots) - Eisenerzmarkt wechselt von langfristigen zu
kurzfristigen Lieferverträgen und Preisbildung am Spotmarkt -
Spotmarktpreise für Eisenerz 2010 doppelt so hoch wie im Vorjahr -
Erzpreissteigerung führt zu erheblich höherem Stahlpreis -
Metallverarbeitende Unternehmen müssen Preissteigerung kompensieren
und höhere Volatilität beherrschen - Vertragsmanagement,
Absicherungsgeschäfte und Risikomanagement erforderlich - Die daraus
erwachsenden Kosten können nur zum Teil an Kunden weitergegeben
werden

Der Stahlmarkt tritt in eine neue Phase ein. Künftig müssen alle
Beteiligten, vom Stahlerzeuger bis zum Maschinenbauer mit
kurzfristigeren Lieferverträgen und stärkeren Preisschwankungen
umgehen lernen. Für die Metallindustrie bedeutet das höhere Risiken,
die nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden können.
Metallverarbeitende Unternehmen müssen künftig ihre Preisrisiken
enger managen, Absicherungsgeschäfte beherrschen sowie Vertrieb und
Einkauf besser miteinander verzahnen.

Eisenerz ist mit einem jährlichen Handelsvolumen von mehr als 900
Millionen Tonnen einer der weltweit wichtigsten Rohstoffe - sowohl
mengen- als auch wertmäßig. Gehandelt wird Eisenerz vor allem
zwischen den Minengesellschaften und den Stahlproduzenten. Bisher
geschah dies auf Basis jährlich neu verhandelter Lieferverträge,
wobei der erste große Kontrakt des Jahres als so genannter Benchmark
für alle anderen galt - nach diesem ersten Kontrakt verhandelten die
Minen und Stahlhersteller nur noch über einen Auf- oder Abschlag vom
Benchmarkpreis. Einen Spotmarkt wie bei Erdöl und den meisten anderen
Industriemetallen gibt es für Eisenerz zwar schon lange, doch wurden
hier in den vergangenen Jahrzehnten nur vergleichsweise geringe
Mengen gehandelt. Denn die größten Volumina wurden über stabile
Jahresverträge abgedeckt und lediglich der Spitzenbedarf wurde durch
Einkauf auf dem Spotmarkt gedeckt.

Ende März dieses Jahres setzten die drei marktbeherrschenden
Bergbaukonzerne die australisch-britische BHP Billiton, die britische
Rio Tinto und die brasilianische Vale neben Preisaufschlägen auch
erstmals Dreimonatsverträge für Eisenerz durch, die sich am Spotmarkt
orientieren. Unabhängig von aktuellen Vorwürfen gegen die
Eisenerzförderer, sie würden die Preise in die Höhe treiben und ihre
Oligopolstellung am Markt ausnutzen, hat diese verkürzte
Vertragslaufzeit große Auswirkungen auf den gesamten weltweiten
Stahlmarkt. Einen solchen Umbruch des Markts hin zu kurzfristigeren
Preisanpassungen hat es auch in anderen Rohstoffmärkten wie
Aluminium, Zink oder Kupfer in den letzten Jahrzehnten bereits
gegeben. Die Gründe hierfür waren - wie jetzt auch beim Eisenerz -
die marktgerechtere Preisbildung.

Die Entwicklung in diesen Märkten zeigt, dass das mittlere
Preisniveau beim Übergang von der langfristigen zur kurzfristigen
Preisbildung ansteigt: Neben Finanzinvestoren verdienen auch die
klassischen Finanzinstitute an kurzfristiger gehandelten Rohstoffen,
vor allem durch notwendig gewordene Absicherungsgeschäfte der
Marktteilnehmer - das so genannte Hedging. Nach Schätzungen der
Unternehmensberatung Bain & Company verteuern sich am Spotmarkt
gehandelte Rohstoffe durch Hedging um rund zwei bis fünf Prozent.

Viel härter als die moderate Steigerung des mittleren Preisniveaus
werden sowohl die Stahlhersteller als auch die metallverarbeitende
Industrie von der größeren Volatilität der Preise getroffen - der
Markt erhält spekulative Hoch- und Tiefphasen. Der Stahlpreis lag
2009 bei rund 110 Euro je Tonne und ist in diesem Jahr bereits auf
mehr als 200 Euro die Tonne geklettert. "Die derzeit stattfindende
Rohstoffpreisrallye ist einerseits die Reaktion auf den Rückgang der
Preise im letzten Jahr und damit eine notwendige Marktkorrektur.
Andererseits ist sie aber auch das Ergebnis spekulativer Aufkäufe
einiger Handelshäuser und Finanzinstitute", sagt Dr. Armin
Schmiedeberg, Partner bei Bain & Company und Leiter der europäischen
Praxisgruppe Industriegüter und -dienstleistungen. "Die
Stahlproduzenten werden versuchen, die höheren Preisschwankungen der
verarbeiteten Rohstoffe an ihre Kunden weiterzugeben", so
Bain-Berater Schmiedeberg. "Dadurch werden auch die Stahlkontrakte
kurzfristiger und die Preise volatiler. Für die metallverarbeitende
Industrie bedeutet das letztlich, einen Risikofaktor mehr beherrschen
zu müssen."

Fünf Aufgaben für metallverarbeitende Unternehmen

Die derzeitige Preissteigerung bei Eisenerz wird zusammen mit dem
bereits stark gestiegenen Preis für Kokskohle nach Aussagen der
deutschen Stahlindustrie für einen weiteren Stahlpreisanstieg von
rund 30 Prozent sorgen. Was das für die Metallindustrie gerade in
Deutschland bedeutet, zeigt folgendes Rechenbeispiel: Stahl macht
fünf bis zehn Prozent der Herstellkosten eines Mittelklassefahrzeugs
aus. Das heißt ein solches Auto würde um mehr als hundert Euro
teurer. Bei jährlich über fünf Millionen produzierten Fahrzeugen in
Deutschland entsteht für die Autobauer eine Kostenbelastung im hohen
einstelligen Milliarden-Euro-Bereich, die sie nicht auf ihre Kunden
umlegen können. Ähnliche Rechnungen lassen sich auch für viele andere
typisch deutsche Branchen aufstellen, zum Beispiel die Anlagenbauer,
Werkzeugmaschinenhersteller oder die Bauindustrie. Wenn die
Stahlpreise in Anlehnung an die Verträge mit den Eisenerzlieferanten
künftig nur noch für maximal drei Monate stabil bleiben, hat das für
die metallverarbeitende Industrie weitreichende Konsequenzen. Sie
muss lernen, mit dauerhaft stärker schwankenden Stahlpreisen
umzugehen.

"Künftig müssen metallverarbeitende Betriebe die Kosten für
Risikomanagement und Hedging einpreisen oder die
Stahlpreisschwankungen über Preisgleitklauseln in den Verträge
weitergeben", sagt Armin Schmiedeberg. Für die Umstellung auf
volatilere Stahlpreise empfiehlt Bain & Company der Metallindustrie
fünf Maßnahmen, um die neuen Risiken besser beherrschen zu können:

1) Eine enge Verzahnung von Vertrieb, Einkauf und Risikomanagement
muss dafür sorgen, dass die Laufzeiten der Verträge mit Kunden
und Stahllieferanten synchronisiert sind, um das Risiko durch
Stahlpreisschwankungen zu begrenzen.
2) Das verbleibende Risiko muss auf dem Finanzmarkt durch Hedging
abgesichert werden und die Kosten dafür in die Preisgestaltung
einfließen.
3) Für das Hedging benötigen vor allem Mittelständler völlig neues
Know-how, das weit entfernt ist von ihrem Kerngeschäft und das
sie erst aufbauen müssen.
4) Ein zentrales Risikomanagement muss dafür sorgen, dass die
eingegangenen Risiken für das Gesamtunternehmen in vertretbaren
Grenzen bleiben. Zudem müssen Vorstände und Geschäftsführer
jederzeit vollständige Transparenz über die Risikosituation
haben, um bei Bedarf schnell gegensteuern zu können.
5) Den durch diese Maßnahmen entstehenden Mehrkosten muss
frühzeitig mit Einsparungsprogrammen begegnet werden.

Originaltext: Bain & Company
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/19104
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_19104.rss2

Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Bain & Company Germany, Inc.
Karlsplatz 1, 80335 München
E-Mail: leila.kunstmann@bain.com, Tel.: +49 (0)89 5123 1246


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