(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Missbrauch muss auch nach Jahrzehnten bestraft werden - Die Verjährungsfrist ist nicht zeitgemäß Von Alexander Marinos =

Geschrieben am 08-03-2010

Düsseldorf (ots) - Warum haben sie so lange geschwiegen? Warum
haben sie nicht früher geredet, um die Untaten zu stoppen? Viele
Opfer sexuellen Missbrauchs sehen sich jetzt mit solchen Fragen
konfrontiert, die wie Vorwürfe klingen. Diese verstärken noch das
fatale Selbst-Schuld-Muster, das in den Betroffenen wütet. Dabei hat
es die Wissenschaft längst klar beschrieben: Kinder, die missbraucht
werden, verlieren das Gefühl für Recht und Unrecht. Die Perversion
solcher Verbrechen liegt ja gerade darin, dass sich die Opfer am Ende
mehr schämen als die Täter - und sich darum selbst zum Schweigen
verdammen. Oft brauchen sie Jahrzehnte, um diese Denkmuster zu
durchbrechen und über das eigene Leid zu sprechen. Das derzeitige
Strafrecht, das für den sexuellen Missbrauch von Kindern eine
Verjährungsfrist von zehn Jahren vorsieht, ignoriert diesen Umstand.

Es verwundert schon sehr, dass ausgerechnet die
Bundesjustizministerin eine Verlängerung der Frist ablehnt. Zu Recht
hat Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die "Schweigemauer" der Kirche
beklagt. Zu Recht hat sie kritisiert, dass die Kirche einerseits den
Staat in die Pflicht nimmt, für sie Steuern einzutreiben und
kirchliche Einrichtungen zu bezuschussen, sich es aber andererseits
herausnimmt, Verdachtsfälle intern zu klären, ohne einen Staatsanwalt
zu informieren. Die katholische Kirche benimmt sich wie ein Staat im
Staate, der jede Aufklärung erschwert. Und wenn der Missbrauch
endlich publik wird, dann verweisen die Kirchenführer auf die
Verjährungsfristen: Weshalb sollten sie einen Staatsanwalt
einschalten, wenn gar kein öffentliches Interesse mehr an einer
Strafverfolgung besteht?

Der Gesetzgeber ist gefordert, endlich die Opferperspektive zu
berücksichtigen. Wer darauf verweist, dass lange zurückliegende Taten
schwer aufzuklären sind, sieht den Missbrauch mit den Augen der
Ermittler. Und wer Verständnis dafür fordert, dass sich ein
Verbrecher mit den Jahren ändern kann, sieht den Missbrauch mit den
Augen der Täter.

All diese Argumente gelten bei Mord nicht. Da gibt es keine
Verjährungsfrist. Dabei ist ein sexueller Missbrauch ähnlich schlimm
wie ein Mord. Auch wenn die Opfer körperlich überleben, wird etwas in
ihnen aus niederen Beweggründen getötet: ihre Seele.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

255793

weitere Artikel:
  • Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zur Verleihung der Oscars - Wir sind Oscar Frankfurt/Oder (ots) - Also den Christoph Waltz, den mochten wir natürlich alle schon immer. War der nicht auch bei Kommissar Rex so toll? Diese TV-Serie hat die deutsche Nation geliebt, so wie sie jetzt einen österreichischen Schauspieler ins Herz schließt, der jahrzehntelang vor allem auf Nebenrollen abonniert war. Das wird sich ändern. Angebote aus Hollywood hat der gebürtige Wiener jetzt zu Genüge. Er soll ernsthaft darüber nachdenken, in den englischsprachigen Raum zu wechseln. Sind wir dann noch Oscar? Dass Waltz in Los Angeles mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zum Thema Arbeitslose Ulm (ots) - Da hat sich die FDP wohl zu früh gefreut. Der Vorstoß der nordrhein-westfälischen SPD-Chefin Hannelore Kraft für einen gemeinnützigen Einsatz von Langzeitarbeitslosen taugt nicht als Kopie der umstrittenen Hartz-IV-Äußerungen von FDP-Chef Guido Westerwelle, wie es die Liberalen glauben machen wollen. Kraft hat vielmehr ein Thema angesprochen, das Arbeitsmarktexperten seit langem auf den Nägeln brennt: Der Umgang mit Arbeitslosen, die so gut wie keine Chance haben, jemals in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden - und mehr...

  • Ostthüringer Zeitung: Kommentar Ostthüringer Zeitung Gera Gera (ots) - Ostthüringer Zeitung Gera zu Obama: Im erbitterten Ringen um seine Gesundheitsreform will US-Präsident Barack Obama jetzt Fakten schaffen. "Alles ist gesagt", verkündet Obama und dringt auf eine zügige Abstimmung. Dabei ist auch in den eigenen Reihen der Kampf um die Köpfe längst noch nicht entschieden. Den Liberalen in Obamas Lager ist die Vorlage, über die in Kürze abgestimmt werden soll, viel zu eng gezurrt, den Haushältern wiederum ist sie mit Blick auf Amerikas gigantischen Schuldenberg zu üppig. Beide Lager müssen mehr...

  • "2+Leif": VdK-Chefin Mascher lehnt Kraft-Vorschlag zum Einsatz von Langzeitarbeitslosen in der Pflege ab/DIHK-Kritik an Pflegezeit-Modell von Ministerin Schröder/"Unternehmen vor den Kopf gestoßen" Berlin - (ots) - Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, hat ihre Parteifreundin, die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft, scharf kritisiert. In der SWR-Talkshow "2+Leif" lehnte Mascher den Vorstoß von Kraft ab, Langzeitarbeitslose bei der Pflege in Altenheimen einzusetzen. Die VdK-Chefin sagte am Montagabend im SWR: "Dadurch entsteht der Eindruck, dass die Arbeit mit schwerstpflegebedürftigen Menschen etwas ist, das man so an einem Nachmittag mal leicht lernen kann. Das ist eine ganz schwere Arbeit, mehr...

  • Lübecker Nachrichten: Krankenkassen droht ein Massen-Boykott wegen Zusatzbeitrag Lübeck (ots) - Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen verweigern die Zahlung des Zusatzbeitrag von acht Euro monatlich. Das berichten die "Lübecker Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe). Die Zeitung bezieht sich dabei auf Angaben von Kassen, die den Zusatzbeitrag bereits eingeführt haben. "Ja, wir haben Sonderkündigungen", sagte Jörg Bodanowitz, Sprecher der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), ohne eine konkrete Zahl nennen zu wollen. Die DAK bestätigte nach Angaben des Blatts jedoch, dass eine Woche vor Fälligkeit des mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht