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Schinkenbrot ohne Schinken und andere absurde Festlegungen bleiben Geheimsache - Gericht lehnt Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen der Deutschen Lebensmittelbuchkommission ab

Geschrieben am 08-03-2010

Berlin (ots) - Schinkenbrot muss in Deutschland keine Spur
Schinken enthalten. Wer solche Festlegungen mit welchen Argumenten
durchgesetzt hat, bleibt weiterhin Geheimsache. Das
Verwaltungsgericht Köln hat eine Klage der
Verbraucherrechtsorganisation foodwatch auf Veröffentlichung der
Sitzungsprotokolle abgewiesen (Az 13 K 119/08). "Das Lebensmittelbuch
bleibt ein Buch mit sieben Siegeln", erklärte
foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Er kündigte an, Berufung
einzulegen.

foodwatch hatte Ende 2007 Klage gegen die Bundesrepublik
Deutschland eingereicht, um eine Veröffentlichung der
Sitzungsprotokolle der Lebensmittelbuchkommission zu erreichen. Das
in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Gremium legt in seinen
"Leitsätzen" so genannte "Verkehrsbezeichnungen" von Lebensmitteln
fest, die für die Kaufentscheidung der Verbraucher entscheidend sind.
Dabei wurden Konsumenten in der Vergangenheit oft irreführende
Begriffe zugemutet - so wurde festgelegt, dass zusammengeklebte
Fleischfasern als "Formfleisch-Schinken" und beschädigte Salzheringe
als "Wrackheringe" verkauft werden dürfen oder Kalbsleberwurst keine
Kalbsleber enthalten musste. Die Mogel-Strategie der
Lebensmittelindustrie wird durch solche Definitionen erleichtert.

Den vom Bundesernährungsministerium ernannten 32 Mitgliedern der
Lebensmittelkommission, darunter Lobbyisten der
Nahrungsmittelindustrie, erlegt die Geschäftsordnung ausdrücklich
eine "Verschwiegenheitspflicht" auf. Die Protokolle der nicht
öffentlichen Sitzungen bleiben unter Verschluss. Daher erfährt die
Öffentlichkeit nicht, wie die Entscheidungsfindung abläuft und welche
Interessen von wem vertreten werden. An dieser Situation hat sich
nichts geändert, auch wenn das Bundesernährungsministerium seit
einigen Wochen Sachstandsberichte aus den Fachausschüssen teilweise
und anonymisiert im Internet veröffentlicht.

foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode kritisierte, dass für
Verbraucher weitreichende Festlegungen trotz gesetzlich verankerter
Informationsrechte einfach durch ein "Schweigegelübde" in der Satzung
der Kommission umgangen werden können: "Es ist nicht nachvollziehbar,
dass das Gericht eine sachliche Diskussion in der
Lebensmittelbuchkommission nur für möglich hält, wenn sie im Geheimen
stattfindet - mit diesem Argument müssten ja auch die Beratungen und
Abstimmungen im Deutschen Bundestag hinter verschlossenen Türen
stattfinden."

Beispiele für irreführende Festlegungen in den aktuell gültigen
Leitsätzen der Lebensmittelbuchkommission:

- Schinkenbrot ohne Schinken: "(...)Es weist einen
herzhaft-aromatischen Geschmack auf. Ein Zusatz von Schinken ist
nicht üblich."
- Rindfleisch im Heringssalat: Definiert wurden für Heringssalat
neben Hering auch "andere Zutaten wie Gurken (...), ggf. auch
Rindfleisch oder Fleischsalatgrundlage"
- Brot muss nicht gebacken werden: Es wird "in der Regel durch
Kneten, Formen, Lockern, Backen oder Heißextrudieren des
Brotteigs hergestellt." (Beim Extrudieren wird Teig erhitzt,
gerührt und unter hohem Druck aus der Maschine herausgepresst)
- Während "Fruchtfüllungen" aus Früchten hergestellt werden,
können "Fruchtkremfüllungen" komplett ohne Früchte sein - und
ihren Geschmack zu 100 Prozent aus Aromen beziehen
- Schokoladenpudding muss nur zu einem Prozent Kakaopulver
enthalten

Redaktioneller Hinweis:

- Eine Bildstrecke mit Beispielen für irreführende Leitsätze
können Sie unter
http://foodwatch.de/presse/pressematerial/andere_themen/
herunterladen.

Originaltext: foodwatch e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/50496
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_50496.rss2

Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 19
Fax: +49 (0)30 / 24 04 76 - 26


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