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Deutsche Umwelthilfe warnt Regierung vor neuen Steuermilliarden für die Autoindustrie

Geschrieben am 04-03-2010

Berlin (ots) - Geplante Reform der Dienstwagenbesteuerung würde
vor allem Fahrzeuge mit hohen CO2-Emissionen begünstigen -
Automobilbranche rechnet mit "signifikanter Absatzsteigerung" von bis
zu 15 Prozent gerade bei großen Dienstwagen - Jährliche
Steuerersparnisse von über 4.000 Euro für Protzkarossen - DUH fordert
Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Dienstwagen auf klimaverträgliche
Motorisierungen und stellt Eckpunkte einer ökologischen Reform der
Dienstwagenbesteuerung vor

Die Bundesregierung bereitet nach Informationen der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH) ein neues milliardenschweres Förderprogramm
zur Ankurbelung des Verkaufs von Dienst- und Firmenwagen vor. Sie
will damit ein im schwarz-gelben Koalitionsvertrag angekündigtes
Steuergeschenk für Dienstwagen¬nutzer umsetzen. Wie schon bei der
Abwrackprämie ist keine Lenkung in Richtung Klimaschutz und
Luftreinhaltung vorgesehen. Der Steuervorteil soll sich im Gegenteil
bei kostengünstigen und in aller Regel klimaschonenden Pkw pro Jahr
auf einige hundert Euro belaufen, aber bei übermotorisierten
Klimakiller-Pkw auf bis über 4.000 Euro pro Jahr steigen. Die
Automobilbranche freut sich bereits auf "signifikante
Absatzsteigerungen" bei großen Dienstwagen von bis zu 15 Prozent.

"Diese Bundesregierung redet sonntags über Klimaschutz und
bereitet montags das bisher umfangreichste Förderprogramm vor allem
für die Ladenhüter der bundesdeutschen Automobilindustrie vor - für
übermotorisierte Luxuslimousinen und Geländewagen", sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Nach Mövenpick & Co. wollen
sich die Koalitionsparteien nun offenbar bei den Autoherstellern für
den warmen Spendenregen zur Bundestagswahl mit Steuergeschenken zu
Lasten des Klimaschutzes und der Steuerzahler erkenntlich zeigen."

Der Vorwurf einer Umverteilung von unten nach oben sei selten
begründeter gewesen als bei Umsetzung der auf den ersten Blick so
harmlosen Änderung der Bemessungsgrundlage der Dienstwagenbesteuerung
vom Bruttolistenpreis auf den Kaufpreis. Und selten sei der
Ideengeber so eindeutig zu lokalisieren gewesen, erklärte Resch mit
Blick auf einen Vorschlag des Präsidenten des Verbandes der
Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, der exakt dies vor
wenigen Wochen öffentlich gefordert hatte. CDU/CSU-Fraktionsvize
Michael Fuchs und die FDP-Haushaltsex¬pertin Claudia Winterstein
setzen sich in ihren Fraktionen fast wortgleich für die VDA-Reform
ein. Das Finanzministerium arbeitet unter Hochdruck an einer
Regelung, die nach Informationen der DUH bereits dieses Frühjahr in
den Bundestag eingebracht werden soll.

Nach der offiziellen Statistik des Kraftfahrtbundesamtes werden
jährlich etwa eine Million Firmenwagen (2008) neu zugelassen. Laut
einer in der Wirtschaftswoche zitierten internen Berechnung des
Bundesfinanzministeriums würde dem Staat jährlich eine volle
Milliarde Euro an Steuereinnahmen entgehen - etwa ein Fünftel des
derzeitigen Aufkommens aus der Dienstwagenbesteuerung. Die DUH
fürchtet, dass der tatsächliche Ausfall an Steuereinnahmen sogar noch
deutlich höher liegen könnte, da eine Umstellung der
Besteuerungsgrundlage auf den Listenpreis zu einer zusätzlichen
Absenkung der Kaufpreise und Verlagerung von Kosten z. B. auf
nachträgliche Serviceleistungen führen würde.

Resch warnte die Bundesregierung eindringlich davor, erneut den
Forderungen der Autolobby nachzugeben und damit "ihr Image als
Regierung der Lobbyisten zu bestätigen". Dies würde nicht nur
zusätzliche Milliardenlöcher in die öffentlichen Haushalte reißen,
sondern auch dem Klima schaden: Einerseits würde die bestehende,
international beispiellose Privilegierung von
Spritschlucker-Dienstwagen noch weiter ausgebaut, andererseits der
ohnehin enge Spielraum der Etats für ökologisch und sozial gerechtere
Investitionen in ein flächendeckendes, attraktives öffentliches
Verkehrsangebot zusätzlich reduziert. Schließlich würden die
deutschen Hersteller erneut ermuntert, an ihrer rückwärts gewandten
Modellpolitik festzuhalten.

Die DUH hat beispielhaft errechnet, wie hoch die zusätzliche
Jahressubvention von Dienstwagen ausfallen würde, sollten sich die
deutschen Autobauer mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Bei
nachfolgender Modellberechnung wurde konservativ ein um 20 Prozent
niedrigerer Kaufpreis gegenüber dem Bruttolistenpreis für einen
Arbeitnehmer mit einem Steuersatz von 40 Prozent + Entfernung von
Wohnort zum Arbeitsplatz von 30 Kilometer zugrunde gelegt.

Dienstwagen/Modell Preis PS g CO2/km Subvention/Jahr

VW Golf TDI
Blue Motion 21.025 EUR 105 99 384 EUR

BMW 520d 39.950 EUR 194 132 730 EUR

Mercedes S 350 CDI 73.720 EUR 235 199 1.348 EUR

BMW M5 94.700 EUR 507 357 1.733 EUR

Mercedes S 65 AMG 222.768 EUR 612 346 4.056 EUR

Seit Jahren fordern dagegen die Deutsche Umwelthilfe und andere
Umweltorganisationen, das deutsche "Dienstwagenprivileg", also die
beispiellose Subvention der Anschaffung von Dienstwagen, auf
klimaverträgliche Fahrzeuge zu beschränken beziehungsweise wie in
Großbritannien, Frankreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten, hohe
Strafsteuern für Klimakiller zu verlangen. Die von VDA-Präsident
Wissmann geforderte Regelung führt zum glatten Gegenteil, nämlich zu
einem zusätzlichen Steuergeschenk an Dienstwagennutzer, die sich für
besonders klimaschädliche Fahrzeuge entscheiden.

Der DUH-Bundesgeschäftsführer schlug vor, die
Dienstwagenbesteuerung insgesamt nach ökologischen Gesichtspunkten zu
reformieren. Dazu müsse ein an Schadstoffklassen, Spritverbrauch und
Klimagasemissionen orientiertes Steuersystem eingeführt werden. Eine
steuerliche Abzugsfähigkeit von Dienstwagen für Unternehmen könne es
in Zeiten des Klimawandels nur für Fahrzeuge geben, die den
CO2-Zielwert der EU für 2008 in Höhe von 140 Gramm CO2 pro Kilometer
(g CO2/km) einhalten. Alle neu angeschafften, dienstlich genutzten
Spritschlucker, die darüber liegen, dürften vom Staat nicht mehr über
die Absetzbarkeit als Betriebsausgaben subventioniert werden. Dies
sollte sowohl für die Anschaffung wie auch für die laufenden
Unterhaltskosten gelten. Darüber hinaus fordert die DUH die
Beibehaltung des Bruttolistenpreises als Berechnungsgrundlage für die
Besteuerung.

"Nachdem einige Landesumweltminister bereits seit Jahren und ab
diesem Sommer auch Bundeswirtschaftsminister Brüderle mit dem 140
Gramm-Zielwert der EU klar kommen, ist dies auch dem gemeinen
Dienstwagennutzer in Deutschland zuzumuten. Wer sich zukünftig gegen
den Klimaschutz und für übermotorisierte Fahrzeuge entscheidet, darf
nicht erwarten, dass er hierfür auch noch mit Steuermitteln gefördert
wird", sagte Resch (s. DUH-PM vom 25.2.2010 unter www.duh.de).

Andere europäische Länder sind bereits mit gutem Beispiel
vorangegangen: Die Niederlande belohnen Arbeitnehmer, die
spritsparende Dienstwagen unter 110 g CO2/km (Benziner) bzw. 95 g
CO2/km (Diesel) anschaffen, mit erheblichen Steuergeschenken und
verlangen im Gegenzug hohe Strafsteuern für Spritschlucker. In
Großbritannien wird die Dienstwagensteuer anhand des
Fahrzeug-Listenpreises und auf Basis der CO2-Emissionswerte
ermittelt. Für Fahrzeuge mit einem Ausstoß von bis zu 135 g CO2/km
müssen 10 Prozent des Listenpreises als Zulassungssteuer bezahlt
werden; emittiert das Fahrzeug mehr als 235 g CO2/km, sind es sogar
35 Prozent. In Frankreich werden für Klimakiller bei der Zulassung
Strafsteuern von bis zu 7.000 EUR fällig. Auch viele andere EU-Länder
haben CO2-Komponenten in die Pkw- und Dienstwagenbesteuerung
eingeführt.

Resch forderte Bundesregierung und Bundestag auf, nicht erneut dem
Druck der Autoindustrie nachzugeben. "Eine Dienstwagen-Besteuerung,
die in Zeiten des sich verstärkenden Klimawandels und der
Rekordverschuldung der öffentlichen Etats die skandalöse
Privilegierung schwerer Dienstlimousinen auf die Spitze treibt, ist
der Bevölkerung nicht vermittelbar. Sie ist einfach nicht zeitgemäß."

Unter folgendem Link steht unser Hintergrundpapier zum Download
bereit:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news
]=2214&cHash=4bd908b156

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Ulrike Bickel, Stellvertretende Leiterin Verkehrsbereich, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-72, Mobil: 0151 16225862,
E-Mail: bickel@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21,
Fax: 030 2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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