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NRZ: Kommentar zu Missbrauch

Geschrieben am 24-02-2010

Essen (ots) - Die Schilderungen ehemaliger Heiminsassen sind
schwer zu verdauen. Seit wir vor zwei Tagen die ersten Berichte
veröffentlichten, melden sich weitere Opfer bei uns und schildern ihr
Martyrium. Ein Leben ohne Liebe. Ein Leben mit Prügel und Missbrauch.
Die Zahl der Anrufe zeigt: Es sind nicht nur Einzelfälle. Und sie
haben sich in vielen Heimen in den 50er- und 60er- Jahren abgespielt,
nicht nur unter Aufsicht und Wegsicht der Kirchen.
In Heimen und Pflege-Einrichtungen leisten Tausende von Betreuern
aufopferungsvoll eine schwere, segensreiche Arbeit. Sie tun dies mit
viel Herz, unter Aufbietung all ihrer Kräfte, ohne die verdiente
gesellschaftliche Achtung und ohne gute Bezahlung. Das ist heute so.
Und das gilt - bis zum Beweis des Gegenteils - auch für die meisten,
die vor 40 Jahren die ungeliebten Kinder der jungen Republik in ihrer
Obhut hatten.
Trotzdem ist es wichtig, die dunklen Schatten von damals
auszuleuchten. Die Opfer haben lange geschwiegen. Und wenn doch mal
was rauskam, wurde offenbar vertuscht. Das geht jetzt nicht mehr.
Veröffentlichungen in den Medien und die Einrichtung eines "Runden
Tisches Heimerziehung" unter Vorsitz der ehemaligen Vizepräsidentin
des Bundestages, Antje Vollmer, ermutigen offensichtlich die Opfer,
nach all den Jahren der Scham nun ihr Schweigen zu brechen. Jetzt
endlich merken sie: "Es interessiert ja doch jemanden, was damals mit
uns passiert ist."
Diejenigen, die heute in Heimen, Kirchen und bei weltlichen
Heim-Trägern Verantwortung tragen, tun gut daran, den Opfern von
damals zu helfen. Und ihnen entgegenzukommen. Oft gehören diese
Menschen heute noch zu den Benachteiligten unserer Gesellschaft. Sie
beziehen kleine Renten, sind im Umgang mit Behörden und Heimleitungen
ungeübt. Sie brauchen Unterstützung. Sie sollte ihnen gewährt werden.
Unbürokratische Hilfe bedeutet ja noch kein Schuldeingeständnis. Das
ist ein Akt der Nächstenliebe, der Mitmenschlichkeit. Und wenn eine
Rentnerin gerne nach Essen reisen möchte, um ihre Akte im Franz Sales
Haus einzusehen, dann darf das nicht daran scheitern, dass ihr die
44,95 Euro für die Zugfahrkarte fehlen. Und wenn das Heim allein mit
der Aufarbeitung der schweren Schicksale überfordert ist, kann auch
der Ruhrbischof als moralische Instanz zum hilfreichen Vermittler
werden. Schließlich war es eine katholische Einrichtung wenige
Kilometer vom Bischofssitz entfernt, in der Kindern und Jugendlichen
von katholischen Nonnen unsägliches Leid zugefügt wurde.
Jetzt wird nicht mehr vertuscht. Die Menschen, die sich so bewegend
offen und erschütternd an uns gewandt haben, erwarten von ihrer
Zeitung, dass sie Öffentlichkeit für ihr Leiden herstellt. Das tun
wir heute. Und in Zukunft.

Originaltext: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58972
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58972.rss2

Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042607


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