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War der Bescheid in der FDP-Spendenaffäre zu milde? Vorwürfe gegen Bundestagspräsident Lammert / Richterin am Verwaltungsgericht Berlin hätte sich höhere Strafe vorstellen können

Geschrieben am 01-02-2010

Mainz (ots) - Der Bescheid, den Bundestagspräsident Norbert
Lammert (CDU) in der Möllemann-Spendenaffäre gegen die FDP verhängt
hat, ist nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz"
deutlich milder als möglich ausgefallen. Lammert hatte eine Strafe
von 4,3 Millionen Euro festgesetzt. Denkbar wäre aber auch eine
Strafe von über elf Millionen Euro gewesen, wenn der
Rechenschaftsbericht der FDP aus dem Jahr 2000 für "wesentlich
unrichtig" erklärt worden wäre. Der Parteienrechtler Hans Herbert von
Arnim erklärt dazu gegenüber "Report Mainz": "Ich halte den
Rechenschaftsbericht der FDP für das Jahr 2000 für wesentlich
unrichtig mit der Folge, dass die FDP nicht gut vier Millionen,
sondern elf Millionen hätte zahlen müssen."

In Lammerts Bundestagsverwaltung wurde diese Frage zuvor intensiv
diskutiert. Der zuständige Referatsleiter Johannes Becher soll nach
Recherchen von "Report Mainz" in einem internen Vermerk geschrieben
haben, dass die Fehler in dem Bericht so gravierend seien, dass die
Voraussetzungen für eine wesentliche Unrichtigkeit erfüllt sein
könnten. Zudem soll er auf ein noch ausstehendes Urteil des
Verwaltungsgerichts Berlin gegen die NPD in einem ähnlichen Fall
verwiesen haben.

Wenige Monate nachdem sich FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms in
einem Schreiben an Lammert um die Fairness des Verfahrens besorgt
gezeigt haben soll, wurde Becher im November 2009 auf eine andere
Stelle in der Bundestagsverwaltung versetzt. Die FDP dementierte
gegenüber "Report Mainz", dass es sich dabei um eine Beschwerde
gehandelt habe, es habe sich lediglich um einen "Hinweis auf
Verbesserungswürdiges" gehandelt. Lammert soll daraufhin Prüfungen
eingeleitet haben. Dazu erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer
von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck: "Ich fand die Versetzung nach
17-jähriger Tätigkeit erstaunlich, insbesondere weil sie mitten in
einem großen Verfahren über mögliche Rückforderungen gegenüber der
FDP stattfanden. Ich habe den Bundestagspräsidenten danach gefragt,
ob es Hintergründe eines Disziplinarverfahrens gab und was da der
Gegenstand war. Der Bundestagspräsident hat mir mitgeteilt, dass ich
diese Fragen nicht beantwortet bekomme."

Lammert lud noch vor Festsetzung des Bescheides gegen die FDP drei
renommierte Parteienrechtler zu einem Beratungsgespräch. Daran nahm
unter anderem der Wissenschaftler Professor Joachim Wieland von der
Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften teil. Nach seiner
Aussage habe Lammert die Frage nach der wesentlichen Unrichtigkeit
des FDP-Rechenschaftsberichts gar nicht aufgeworfen. Das Berliner
Verwaltungsgericht stellte in seinem Urteil gegen die NPD vom Juni
2009 schließlich die wesentliche Unrichtigkeit eines
Rechenschaftsberichts wegen eines viel geringeren Verstoßes fest.
Dennoch setzte Lammert in seinem Bescheid vom Juli 2009 die Strafe
gegen die FDP nur auf rund vier statt elf Millionen Euro fest.

Dazu erklärte der Rechtsvertreter des Bundestagspräsidenten,
Professor Christian Kirchberg, gegenüber "Report Mainz": "Ich bin der
Meinung, dass die FDP im wahrsten Sinne des Wortes gut damit bedient
ist und dass sie vielleicht auch durchaus froh sein kann, dass es
nicht noch zu höheren Sanktionen gekommen ist." Die Vorsitzende
Richterin am Verwaltungsgericht Berlin, die über die Klage der FDP
gegen den Bescheid im Dezember 2009 entschieden hat, soll in der
mündlichen Verhandlung angedeutet haben, dass sie sich auch die
höhere Strafe von elf Millionen hätte vorstellen können. Dazu
Professor Christian Kirchberg: "Die Vorsitzende Richterin und
gleichzeitige Präsidentin des Verwaltungsgerichts hat angedeutet,
dass der Bundestagspräsident insoweit eine Zurückhaltung gezeigt hat,
die nicht unbedingt geboten gewesen wäre."

Dazu erklärte der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim: "Dass
eine Vorsitzende Richterin in dem Gerichtsverfahren äußerte, es wäre
durchaus auch ein höherer Bescheid über elf Millionen gegen die FDP
denkbar gewesen, das war eine schallende Ohrfeige gegen die
Bundestagsverwaltung."

Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundestagsvizepräsident
Hermann Otto Solms wollten sich zu dem Sachverhalt gegenüber "Report
Mainz" nicht äußern.

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Originaltext: SWR - Das Erste
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/75892
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_75892.rss2

Pressekontakt:
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.:
06131/929-3351.


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