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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Rückzug von Oskar Lafontaine

Geschrieben am 24-01-2010

Bielefeld (ots) - Nichts hat Oskar Lafontaine in seiner
politischen Karriere dem Zufall überlassen. Deshalb muss man ihm
glauben, dass ausschließlich gesundheitliche Gründe für den Rückzug
aus der Bundespolitik verantwortlich sind. Zu gern hätte der Napoleon
von der Saar seinen Traum verwirklicht, als Linken-Chef die SPD
weiter vor sich herzutreiben, um sie dann sie als großer Vorsitzender
zu einer politischen Kraft zu vereinen.
Minuten nachdem Lafontaine am Samstag seinen Rückzug von der
bundespolitischen Bühne bekanntgab, meldeten sich die linken Flügel
von Grünen und SPD zu Wort. Sie träumen von einem rot-tiefrot-grünem
Bündnis im Bund und in den Ländern. Denn eines war klar: Mit dem
vermeintlichen Verräter Lafontaine traute sich auf Bundesebene kein
Sozialdemokrat über eine Zusammenarbeit zu verhandeln. Die andere
Frage bleibt unbeantwortet: Hätte Lafontaine das überhaupt gewollt?
Denn der begnadete Rhetoriker, Stratege, Spalter und Demagoge hielt
sich für den einzig wahren Sozialdemokraten und sah die SPD als
Partei, die vom rechten - dem linken - Weg abgekommen ist. Als
notorischer Neinsager, als Robin Hood von der Saar, der den Reichen
nehmen und den Armen geben will, verhalf Lafontaine den Linken bei
der jüngsten Bundestagswahl mit Themen wie Hartz IV, Rente mit 67 und
Abzug aus Afghanistan zu fast zwölf Prozent.
1999 war es noch die SPD, die Lafontaine mit seinem abrupten
Abschied aus dem Finanzministerium und aus der Parteispitze ratlos
hinterließ. Jetzt es die Linke. Auch wenn aus der Partei trotzig zu
hören ist, jeder sei zu ersetzen, so hinterlässt der Saarländer eine
große Lücke.
Lafontaine geht, Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch räumt seinen
Posten, Lothar Bisky will sich verstärkt um Europa kümmern. Namen wie
Gesine Lötzsch und Klaus Ernst werden als Lafontaine-Ersatz genannt.
Dabei hatten diese noch nicht die Gelegenheit nutzen können, mit
außergewöhnlichen Ideen für Begeisterung zu sorgen. Wer außer Gregor
Gysi ist in der Lage, künftig die Positionen der Linken bundesweit zu
vertreten? Doch auch seine Kräfte sind begrenzt. Der Fraktionschef
der Linken hat eine gefährliche Operation überstanden und einen
Herzinfarkt erlitten. Gysi bleibt nichts anderes übrig, als zunächst
im Alleingang die Partei zu führen.
Möglicherweise hat CSU-Chef Horst Seehofer zu früh frohlockt, wenn er
die Linke auf dem Weg zurück zur reinen Ost-Partei sieht. Wenn Gysi
es schafft, dass die Realpolitiker in seiner Partei die Oberhand über
fundamentalistischen Alt-Stalinisten gewinnen, muss sich auch die
schwarz-gelbe Regierung warm anziehen. Ein linkes Bündnis - seien
deren Ziele auch noch so utopisch - könnte mit einer neuen
Gerechtigkeits- und Verteilungsdiskussion neue Mehrheiten in Bund und
Ländern erreichen. Lafontaine hätte sein Ziel erreicht.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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