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Berliner Morgenpost: Obama kann noch der große Erneuerer werden (Kommentar)

Geschrieben am 19-01-2010

Berlin (ots) - Am 20. Januar 2009 rief Barack Obama seinen
Landsleuten zu, sie sollten "aufstehen, den Staub abklopfen und mit
der Arbeit beginnen, Amerika zu erneuern". Die Nation reagierte mit
Enthusiasmus, und die Welt schien zu lächeln. In den USA gab es für
einen historischen Moment keine Parteien mehr, sondern nur noch
Amerikaner, und Europa wollte an den Götterfunken glauben, der nach
Terror und Krieg aus allen Menschen Brüder und Schwestern macht.
Ein Jahr ist seit der Antrittsrede des 44. Präsidenten der
Vereinigten Staaten vergangen, und Amerika hat sich anders verändert,
als es der Augenblick zu versprechen schien. Die
Weltwirtschaftskrise, ein Erbe aus der Zeit des Vorgängers, hält das
Land gefangen und hat die Arbeitslosenquote von 7,7 auf zehn Prozent
steigen lassen. In Afghanistan werden im Laufe dieses Jahres dreimal
so viele US-Soldaten wie bei Obamas Amtsantritt kämpfen. Muslimische
Extremisten haben die ausgestreckte Hand des Präsidenten
zurückgewiesen, wie ein versuchter Terrorschlag zu Weihnachten
demonstrierte. Die Gesundheitsreform, das große innenpolitische
Projekt, ist noch immer nicht realisiert, und eine Wahlniederlage der
Demokraten, die gestern in Massachusetts drohte, würde weitere
Fortschritte zusätzlich erschweren. Mit der Arbeit Obamas sind nur
noch 46 Prozent seiner Landsleute einverstanden. So schlecht stand
zum Auftakt des zweiten Amtsjahres noch kein Präsident da.
Doch an den ersten zwölf Monaten darf man Präsidenten nicht messen.
John F. Kennedy etwa hatte 1960 ein miserables Auftaktjahr mit
Schweinebucht-Desaster und enttäuschten Erwartungen bei der
Aussöhnung von Schwarzen und Weißen. Franklin D. Roosevelt ging 1933
die Weltwirtschaftskrise zunächst mit untauglichen und später für
verfassungswidrig erklärten Methoden an. Abraham Lincoln, als
Sklavenbefreier Obamas Leitstern, versprach bei seiner Inauguration
den Plantagenbesitzern im Süden, die Sklaverei in ihren Staaten
aufrechtzuerhalten.
Auch Obama kann weiterhin einer der großen Erneuerer in der
Geschichte der USA werden. Die Rezession ist vorüber, und zieht bald
auch der Arbeitsmarkt wieder an, ist eine Abstrafung der Demokraten
bei den Zwischenwahlen im Herbst keineswegs sicher. Denn persönlich
genießt der erste schwarze Präsident im Weißen Haus weiterhin viele
Sympathien.
Obama hat ein beispielloses Selbstbewusstsein, das ihn dagegen feit,
Politik wegen schlechter Umfragen zu ändern. Er ist aber auch mit
einem Pragmatismus gesegnet, der ihn nicht in ideologische Sackgassen
lockt. Zudem hat ihn die Kungelgesellschaft Chicagos mit jenen
Ellenbogen ausgestattet, ohne die herausragende Politiker weder an
die Macht kommen noch sich dort halten können.
Vor einem Jahr hätten Beobachter vorsichtiger sein müssen mit allzu
übersteigerten Erwartungen. Heute seien sie vor der ebenso voreiligen
These gewarnt, dass Barack Obama gescheitert sei.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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