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WAZ: Das Dilemma der Volkspartei - In der CDU geht es um mehr als um Merkel. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 13-01-2010

Essen (ots) - Heute und morgen spricht die CDU über sich selbst,
die eigene Kanzlerin und den (Fehl)start der Koalition. Die Union
wäre gut beraten, beließe sie es nicht bei der Klärung von allerhand
Klein-Klein von Käßmann bis Guttenberg, von Seehofer bis Westerwelle.
Denn dann käme absehbar wenig bis nichts heraus, weil eine Koalition
nun einmal ein wandelnder Vermittlungsausschuss ist und eine
Kanzlerin keine diktatorische Macht hat. Besser wäre, die CDU nähme
die Überschrift ernst, die sie sich selbst gegeben hat: Wir sind die
einzige verbliebene Volkspartei. Dann könnte es spannend werden.

Weil es nämlich nicht stimmt. Statt einen Anspruch, müsste die
Union eine Frage formulieren: Was müssen wir tun, um Volkspartei zu
bleiben? Denn tatsächlich ist die Glanzzeit der beiden Volksparteien
vorbei, der SPD ohnehin, der Union aber auch. Bei der Bundestagswahl
erreichte sie noch 23,6 Prozent aller Wahlberechtigten, den Wert von,
man stelle sich das vor: 1949. Und auch die stets gehörte Erklärung,
die Große Koalition habe das Profil der Union abgeschliffen, stimmt
nur zum kleinsten Teil. In den 16 Jahren Regierungszeit Kohls hat
sich die Sub-stanz der Union um ein ganzes Drittel reduziert. Das
alles ist dramatisch, es fällt nur nicht so auf, weil der Schwund der
SPD noch dramatischer ausfällt. Grund für aufgeblasene Backen hat die
CDU jedenfalls nicht.

Wenn die Union ihren Schwund stoppen will, dann muss sie bei
Kreativität und Didaktik erheblich aufrüsten - ihre Politik ist
dramatisch unterphilosophiert. Deshalb wissen die Menschen auch nicht
mehr, wofür Merkel steht. Einige Beispiele: Bundesvize Rüttgers und
Arbeitsministerin von der Leyen wollen Hartz IV nachbessern. Wo und
weshalb genau dort? Rüttgers bemüht wenigstens den
Gerechtigkeitsgedanken, die Ministerin will nur taktisch eine
(Wahlkampf-) Front begradigen. Was denn nun? Und wenn schon
Gerechtigkeit, wie konnte es dann zu dem Skandal kommen, ausgerechnet
Hartz-IV-Empfänger, darunter viele Alleinerziehende, von der
Kindergelderhöhung auszunehmen?

CDU-Umweltminister Röttgen bremst bei der Verlängerung der
Atomkraftwerk-Laufzeiten. Dies ist so überraschend, dass er es
erklären müsste. Verbirgt sich dahinter nur Parteitaktik, nämlich ein
großes Hindernis für weitere schwarz-grüne Koalitionen aus dem Weg zu
räumen? Oder sind es ethische Bedenken über den Umgang mit einer
schwer beherrschbaren Technik? Wenn die Volksparteien weiter feige
taktieren, anstatt ihre Politik mutig zu erklären, werden sie weiter
abschmieren. Sie haben es selbst in der Hand.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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