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Südwest Presse: Kommentar zum Prozess Demjanjuk

Geschrieben am 30-11-2009

Ulm (ots) - 89 Jahre alt ist er. Und schwer krank. Muss man einen
Greis wie John Demjanjuk noch vor Gericht zerren? Man muss. In
Deutschland allemal. In diesem vermutlich letzten größeren Verfahren
wegen Massenmordes in der NS-Zeit wiegt nicht nur der zentrale
Anklagepunkt so schwer. Demjanjuk steht gleichsam für ein nun zu Ende
gehendes Zeitalter: das der Zeitzeugen bei Tätern und Opfern. Dies
wirft ein noch spezielleres Interesse auf den Prozess in München als
es bei Verhandlungen gegen Hitler-Nazis eh der Fall ist.
Einmal mehr steht die deutsche Justiz unter internationaler
Beobachtung. Es geht um den das deutsche Selbstverständnis auch in
der Nach-Zeitzeugen-Ära bestimmenden Faktor des größten nur denkbaren
Zivilisationsbruches. Es geht darum, dass auch dieses Sobibor, wo
Demjanjuk an der Ermordung tausender Menschen beteiligt gewesen sein
soll, zu einem atemberaubenden Vernichtungssystem gehörte, das nicht
irgendwann vergeht oder einfach aus den Geschichtsbüchern
verschwinden kann. Der Münchner Prozess hat also politische
Dimension, die auch ein Menschenalter danach keine andere ist als die
Kriegsverbrecherprozesse nach 1945.
Juristisch betrachtet ist der Fall Demjanjuk mehr als eine Art
Manifestierung eines Ausdrucks der demokratischen Welt, die
NS-Verbrechen ächtet und verurteilt. Hitler-Deutschland wurde zwar
nur ermöglicht durch kollektives Wegsehen, kollektives Mitlaufen,
kollektives Mitmachen. Eine Kollektivschuld aber kennt die Justiz
nicht, sondern nur die Schuld eines jeden Einzelnen. Diese Frage der
Schuld hat der Rechtsstaat zu klären. Auch wenn der Beschuldigte 89
Jahre alt ist und krank.

Originaltext: Südwest Presse
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Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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