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Westdeutsche Zeitung: Minister Jung - schwer angeschlagen Von Wolfgang Radau =

Geschrieben am 26-11-2009

Düsseldorf (ots) - Die Bundeswehr hat in sieben Jahren
Afghanistan-Einsatz das Bild einer rücksichtsvollen Schutzmacht
abgegeben. Bis zur Nacht des 4. September. Da hat ein von einem
deutschen Oberst ausgelöster Luftschlag mehr als 140 Menschen getötet
- neben kriegführenden Taliban auch Zivilpersonen, Jugendliche und
Kinder. Was sogar im Nato-Bündnis massiv kritisiert wurde.

Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt war zu diesem Zeitpunkt
Verteidigungsminister Franz Josef Jung. Der hat entweder wissentlich
die Wahrheit verschwiegen, als er tagelang den Eindruck erweckte, der
Angriff sei auf solider Basis erfolgt und es habe keine zivilen Opfer
gegeben. Oder aber er hat zugelassen, dass seine Truppe ihm gegenüber
wochenlang ihre Erkenntnisse zurückgehalten hat. In beiden Fällen
stellt sich die Frage, ob Jung der Verantwortung seines
Regierungsamtes gewachsen war.

Tatsache ist wohl: Grundlagen für den Angriff bei Kundus waren
Mutmaßungen aus einer einzigen Quelle - ein Verstoß gegen die Regeln
im Afghanistan-Einsatz. Und: Bereits am Morgen nach dem Bombardement
war klar, dass es zivile Opfer gegeben hat. Beides wurde vor der
Öffentlichkeit und vor dem Parlament abgestritten - egal, ob von Jung
selbst oder von seinen Sprechern. Jung jedenfalls hat nichts
richtiggestellt. Trotzig erklärte er gestern im Bundestag, er habe
sich selbst nichts vorzuwerfen.

Der neue Verteidigungsminister zu Guttenberg hat schnell
begriffen, welch brisante Hinterlassenschaft er im neuen Amt
vorfindet. Ausgerechnet am Tag, als die Verlängerung der
Bundeswehr-Einsätze zur Debatte stand, muss ihm klar geworden sein,
dass es beim Bombenschlag von Kundus um mehr geht als um eine
Info-Panne in seinem Ministerium. Heute, im Verteidigungsausschuss,
erfährt Guttenberg, ob er die nächsten Monate auch noch einen
Untersuchungsausschuss am Hals haben wird.

Sozusagen als Notbremse hat Guttenberg gestern Staatssekretär
Wichert und Generalinspekteur Schneiderhan aus dem Verkehr gezogen.
So etwas macht man, um Schlimmeres zu verhindern. Im Falle des schwer
angeschlagenen Ministers Jung muss schon die Kanzlerin selbst ein
Machtwort sprechen. Eine weitere Dauer-Baustelle ist das Letzte, was
sie zum Start ihrer zweiten Amtszeit gebrauchen kann.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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