(Registrieren)

Neue Westfälische: KOMMENTAR Die neue Koalition steht Schwarz-Gelbe Zauberei ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Geschrieben am 23-10-2009

Bielefeld (ots) - Der Auftakt von Schwarz-Gelb ist holprig. Hinter
dieser angeblichen Liebesheirat scheint kein großer Plan zu stecken.
Jedenfalls keiner, der nicht einen Tag später wieder umgeworfen
werden kann. Das zeigt nicht nur die Kurz-Debatte über den so
genannten Schattenhaushalt. Das belegt der gesamte Verlauf der
Verhandlungen. Zunächst erweckte CDU-Chefin Angela Merkel den
Eindruck, als bliebe fast alles so wie gehabt. Sie schrieb der FDP
penibel vor, worüber nicht geredet werden darf: Der Gesundheitsfonds,
so sagte Merkel beispielsweise, dürfe nicht angetastet werden. Nicht
nur an diesem Punkt irrte sich die Kanzlerin gründlich.
Die FDP hat sich nicht mit der Rolle des Kellners begnügt, der Merkel
allein das Kochen überlässt. Die Liberalen, die vor Kraft kaum laufen
können, haben ihre Chancen wahrgenommen. Dass sie für fünf
Ministerien im Gespräch sind, zeugt davon. Und der
Gesundheitskompromiss zeigt sehr deutlich, dass es vor allem der FDP
gelungen ist, die Weichen für einen radikalen Systemwechsel zu
stellen.
2011 soll nicht nur der Gesundheitsfonds mit seinem Einheitsbeitrag
verschwinden. Dann wird die heute schon leicht löchrige
Beitragsgleichheit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
vollständig aus den Angeln gehoben. Denn nur der Arbeitgeberbeitrag
soll festgefroren werden. Das Konzept der Kopfpauschale lässt grüßen.
Gegen solche Vorstellungen werden wohl nicht nur die Gewerkschaften
auf die Barrikaden gehen.
Doch immerhin zeigt dieses Konzept, dass Schwarz-Gelb nicht nur das
Füllhorn der Steuergeschenke über die Wähler ausschütten möchte.
Einige Zumutungen sind im Gesamtpaket doch noch untergebracht. Selbst
wenn man dafür etwas genauer hingucken muss als ursprünglich gedacht.
Auffällig ist aber, dass die Zumutungen nach hinten verschoben
werden. 2010 wird das Jahr, in dem gegeben wird. Da steigen
Kindergeld und Schonvermögen. Fest im Blick haben die Koalitionäre
den Wahltermin am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen. Vorher soll es
keinen Grund zum Klagen geben.
Das Nehmen fängt erst hinterher an. Wirklich spannend wird 2011. Dann
muss sich der Bund an die Schuldenbremse halten. Die Flucht in die
Nettokreditaufnahme wird dann schwierig.
Den Finanzminister in der schwarz-gelben Koalition kann man wirklich
nicht beneiden. Wie dieser die Haushaltskonsolidierung und die
Krisenlasten und die Schuldenbremse mit den Mindereinnahmen durch die
Steuersenkungen vereinbaren will, bleibt ein Geheimnis. Nach
menschlichem Ermessen geht das nur mit Zauberei. Sollte es mit der
wundersamen Geldvermehrung aber nichts werden, könnten die
Sozialversicherungsbeiträge allen Versprechungen zum Trotz doch noch
in die Höhe schnellen. Bei der Gesundheit werden die Grundlagen dafür
schon gelegt.
Ach ja, für die Bildung gibt es etwas mehr Geld. Das ist gut, auch
wenn es zu wenig ist. Die Integration scheint unter ferner liefen zu
rangieren. Schade eigentlich.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

232599

weitere Artikel:
  • WAZ: Koalition I - Am richtigen Platz. Kommentar von Frank Stenglein Essen (ots) - Das inhaltliche Gewürge der vermeintlichen Traumpartner ist ernüchternd. Da tröstet es, dass einige schwarz-gelbe Personalentscheidungen gefallen sind. Schon in solventeren Zeiten ist das mit Vetorecht ausgestattete Amt des Bundesfinanzministers zumeist politischen Schwergewichten vorbehalten. Das sollte jetzt erst recht gelten, somit ist einer wie Wolfgang Schäuble hier genau am richtigen Platz. Im nicht unkomplizierten Verhältnis zu Merkel muss Schäuble sich nichts mehr beweisen. Gerade deshalb dürfte er die Sturheit mehr...

  • Berliner Morgenpost: Mehr Mut für eine Gesundheitsreform - Leitartikel Berlin (ots) - Nicht weniger als den Einstieg in eine "neue Ordnung" will die neue Koalition in der Gesundheitspolitik schaffen. Der Verhandlungsführer der FDP für diesen Bereich, Philipp Rösler, spricht sogar von einem Finanzierungsmodell für das Gesundheitswesen, das nicht mehr alle zwei, drei Jahre verändert werden müsse. Und zum Beweis für diese Pläne ändert die neue Koalition erst einmal - gar nichts. Der Gesundheitsfonds bleibt zunächst bestehen wie bisher, das ist das Paradoxe an diesen Reformplänen, auf die Union und FDP sichtlich mehr...

  • WAZ: Koalition II - Luftschlösser im Gesundheitswesen. Kommentar von Lothar Klein Essen (ots) - Mit Luftschlössern schafft man keine Realpolitik. Fakt des Minimal-Konsenses in der Gesundheitspolitik der schwarz-gel-ben Koalition ist: Trotz aller Attacken überlebt der umstrittene Gesundheitsfonds samt Einheitsbeitrag vorerst unbeschadet den Regierungswechsel. Ob die Absichtserklärungen zum System-Radikalumbau das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, muss hingegen die Zeit erweisen. Aller Erfahrung nach kommt die Überweisung von ehrgeizigen politischen Vorhaben in eine von allen Parteien personell bestückte mehr...

  • WAZ: Koalition III - Zu wenig für Bildung. Kommentar von Daniel Freudenreich Essen (ots) - Der Bund will pro Jahr drei Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Forschung stecken. Das ist nicht viel mehr als der Tropfen auf den heißen Stein. Selbst wenn Deutschland dadurch 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Bildung und Forschung pumpt, ist die "Bildungsrepublik" fern. Eine Studie veranschlagt jährliche Mehrausgaben von 36,9 Milliarden Euro für ein "gutes Bildungssystem". Allein die Hochschulen bräuchten 5,14 Milliarden. Noch weniger Wert hat das Zehn-Prozent-Ziel, wenn die durch Steuerausfälle gebeutelten mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Koalition Halle (ots) - Wenn dies eine Koalition des Aufbruchs und der bürgerlichen Mitte sein soll, dann müssen die neuen Regierungsparteien nacharbeiten. Die Chance auf einen Vertrauensvorschuss haben sie vorerst verwirkt. Macht aber nichts. Eine Portion Demut hat Politikern noch nie geschadet. Hoffentlich sehen die Verantwortlichen für die Bundespolitik der nächsten Jahre auch ein, was dem Rest der Bevölkerung längst schwant: Große Sprünge sind nicht drin in diesen Tagen. Kleine Schritte in Richtung auf ein klares Ziel sind angesagt. Im Klartext: mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht