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WAZ: Leistet Deutschland zu wenig? Der schwierige Partner - Leitartikel von Richard Kiessler

Geschrieben am 15-10-2009

Essen (ots) - Von außen betrachtet gilt Deutschland als
schwieriger außenpolitischer Partner. Wer sich in Washington, Paris
oder Peking umhört, stößt auf kritische und spöttische Töne, die vom
Unvermögen der deutschen Politik künden, das wirtschaftsstärkste und
bevölkerungsreichste Land Europas seinem Gewicht entsprechend zu
vertreten. Was einst als "Kultur der Zurückhaltung" Markenzeichen
deutscher Außenpolitik war, gilt inzwischen nicht mehr als Ausdruck
von Bescheidenheit, sondern als Versagen.

In den Hauptstädten unserer Nachbarn reagiert man mit zunehmender
Verbitterung auf die deutschen "Neinsager", die gleichwohl mit
erhobenem Zeigefinger die Partner zu belehren versuchen. Als jüngster
Beleg gilt der fatale Befehl, zwei von den Taliban gekaperte
Tankwagen zu beschießen, einen riesigen Schaden anzurichten und dann
noch zu behaupten, Deutschlands Ansatz der "vernetzten Sicherheit"
(Verteidigungsminister Jung) habe sich bewährt.

Bei der EU in Brüssel spotten sie über die "german vote". Das ist
eine im Jargon der Eurokraten gängige Untugend, sich zwischen den
beteiligten Ministerien in Berlin oder zwischen Bund und Ländern auf
eine einheitliche Linie zu verständigen. Daraus resultiert eine
chronische deutsche Entscheidungsschwäche. Nicht nur deutsche
Regierungsvertreter werden gegeneinander ausgespielt, die Republik
schwächt sich so selbst bei dem Versuch, internationale Politik
verantwortlich mit zu gestalten. Vermisst wird eine Politik aus einem
Guss.

Die Verhandlungen der schwarz-gelben Wunschpartner vermitteln
fälschlicherweise den Eindruck, als konzentriere sich deren künftige
Außenpolitik auf strittige Punkte wie den Abzug zweier Dutzend
amerikanischer Atomsprengköpfe aus der Eifel, die Abschaffung der
Wehrpflicht oder die Absage an den EU-Beitrittswunsch der Türkei. In
Wahrheit steht die Merkel-/Westerwelle-Koalition vor einem
Entscheidungs- und Strategiestau in der Außen- und
Sicherheitspolitik: dem Zwang, Flagge zu zeigen.

Unter dem Druck seiner Partner wird Deutschland seine Rolle im
Afghanistankrieg neu definieren und wahrscheinlich mehr Soldaten,
Polizisten, Entwicklungshelfer und Geld aufbieten müssen. Noch
deutlicher muss sich Berlin in Sachen iranisches Atomprogramm
verhalten, wenn Sanktionen beschlossen werden. Deutschland leistet in
den Augen der Völkerfamilie - gemessen an seinem beanspruchten
Gewicht - zu wenig. Der neue Außenminister wird zeigen müssen, ob er
das ändern kann und will.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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