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Wissenschaft stellt fest: Hausärztliche Versorgung muss sich grundlegend ändern / Ärzte brauchen mehr Zeit für ihre Patienten und müssen angemessen honoriert werden

Geschrieben am 07-10-2009

Berlin (ots) - Die hausärztliche Versorgung muss sich grundlegend
ändern, wenn sie den Anforderungen einer immer älter werdenden
Bevölkerung und den zunehmenden chronischen Krankheiten noch gerecht
werden will. Zu diesem Ergebnis kommt das Sondergutachten 2009 des
Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im
Gesundheitswesen. Die Schlüsselrolle in diesem Veränderungsprozess
hat der Arzt, der sich ganz neu orientieren und zu einem neuen
Rollenverständnis kommen muss. Dies stellt einer der fünf Gutachter,
Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, Direktor des Instituts für
Allgemeinmedizin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in
Frankfurt am Main, am Mittwoch (07.10.2009) in Berlin fest.

"In Deutschland hat", so Gerlach, "jeder Bundesbürger
durchschnittlich 17,9 Arztkontakte pro Jahr, während es in Schweden
gerade mal 2,8 und im europäischen Durchschnitt rund 7 Kontakte sind.
Das hängt auch damit zusammen, dass Ärzte und Kliniken bei uns nur
dann etwas verdienen, wenn die Versicherten krank sind. Weil der Arzt
nur einzelne Leistungen bei Kranken honoriert bekommt, werden immer
weiter viele Diagnosen gesammelt und es wird immer weiter
diagnostiziert und therapiert. In einem solchen System kann keiner,
weder der Patient, noch der Arzt, noch der Kostenträger glücklich
werden."

Der Sachverständigenrat kommt in seinem Gutachten, für das über
1.000 Studien ausgewertet wurden, zu dem Ergebnis, dass eine gute
Primärversorgung gesundheitliche und ökonomische Vorteile für
Patienten und das Gesundheitssystem insgesamt bringt. Gerlach:
"Gerade vor dem Hintergrund der zivilisationsbedingten Verschiebung
der Krankheitsspektren gilt es, die Versorgung konsequent proaktiv
und präventiv auszurichten. Die gezielte Koordination und die
Integration von Leistungen müssen in den Mittelpunkt gerückt werden
und das kann der Hausarzt nur, wenn er die Zeit dafür hat, seine
Patienten umfassend zu kennen und für dieses Engagement auch
entsprechend honoriert wird. Am Ende geht es um mehr Qualität bei
gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Versorgung. Der
Hausarztvertrag der AOK Baden-Württemberg weist hier beispielhaft in
die richtige Richtung." Auch die Anforderungen an den Arzt neben dem
medizinischen Know-how würden steigen. Hierbei sieht Gerlach
Managementfähigkeiten und Teamarbeit als zentrale Anforderungen, aber
auch eine viel bessere EDV-Unterstützung, ohne die es künftig nicht
mehr gehen werde.

Mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Arztversorgung zu
erreichen, war auch für die AOK Baden-Württemberg der Hauptgrund, mit
dem Hausärzteverband und Medi den Vertrag zu schließen. "Unsere
ersten Erfahrungen zeigen, dass wir die in den Vertrag
eingeschriebenen Ärzte in ihren Qualitätsansprüchen wirkungsvoll
unterstützen und durch eine angemessene Bezahlung die
wirtschaftlichen Grundlagen festigen. Die ärztlichen Körperschaften
allein konnten diesen Anspruch in der Vergangenheit nicht ausreichend
erfüllen", so Dr. Rolf Hoberg, Vorstandschef der AOK
Baden-Württemberg. Die Zukunft der hausärztlichen Versorgung liegt
aus Sicht von Hoberg deshalb in Selektivverträgen (§ 73b und c SGB
V). Mit dem AOK-Vertrag sei ein Versorgungssystem mit
Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen worden, das in seiner Dynamik
und Reichweite weit über das hinaus geht, was im sogenannten
Kollektivsystem jemals realistisch war. Hoberg: "Bis heute sind rund
3.100 Hausärzte und über 650.000 Versicherte in das Programm
eingeschrieben."

"Mit dem von uns entwickelten Vertragskonzept, das sich vor allem
in Baden-Württemberg bereits hervorragend bewährt hat, sichern wir
die Qualität und Finanzierbarkeit nicht nur der hausärztlichen
Versorgung auf Dauer", so Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des
Deutschen Hausärzteverbandes. "Diese Verträge müssen den Versicherten
flächendeckend im ganzen Bundesgebiet auch von den anderen
Krankenkassen angeboten werden, so sieht es das Gesetz vor. Der
demographische Wandel und die damit einhergehende Veränderung des
Krankheitsspektrums in der Bevölkerung haben schon jetzt unsere
Praxen erreicht", betont Weigeldt die Dringlichkeit des Problems.

Für Dr. Petra Kaufmann-Kolle vom AQUA-Institut für angewandte
Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen sind
strukturierte Qualitätszirkel mit Ärzten der Schlüssel für eine
bessere Pharmakotherapie. "Mit unserem Vertrag haben wir solche
Qualitätszirkel eingeführt", bestätigt Dr. Christopher Hermann,
stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Im
Jahr 2008 habe die AOK Baden-Württemberg allein für Arzneimittel rund
1,6 Milliarden Euro ausgegeben und erwarte für dieses Jahr weitere
Steigerungen.

Hermann: "Dabei gibt es nirgendwo mehr Einsparpotentiale als im
Arzneimittelbereich. Mit unseren Rabattverträgen haben wir jetzt
endlich ein effektives Mittel zur langfristigen Kostensenkung am
Markt. Zuletzt sind im Juni die jüngsten AOK-Arznei-Rabattverträge
über insgesamt 63 Wirkstoffe und einem jährlichen Umsatzvolumen von
2,2 Milliarden Euro in Kraft getreten. Rechnerisch können damit rund
500 Millionen Euro pro Jahr bundesweit gespart werden." Außerdem
unterstütze ein neues EDV-Programm den Arzt bei der Pharmakotherapie
und der Verordnung von rabattierten Arzneimitteln, für die der
Versicherte keine Zuzahlung leisten müsse. Hinzu komme das im Rahmen
des Symposiums vorgestellte Arzt-Handbuch zur Rationalen
Pharmakotherapie.

Die Veranstaltung "Bestandsaufnahme und Perspektiven
Hausärztlicher Versorgung" fand am 07.10.2009 in der Katholischen
Akademie in Berlin statt. Vor Teilnehmern aus Politik und
Wissenschaft stellten hochrangige Experten auf Einladung der AOK
Baden-Württemberg, des Deutschen Hausärzteverbandes und der Deutschen
Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Lösungswege für eine nachhaltige Weiterentwicklung der
Versorgungsstrukturen vor.

Zusatzinformationen:

Der Sammelband zum Symposium steht unter www.aok-bw-presse.de zum
Download bereit.

Das Sondergutachten des Sachverständigenrates 2009 steht unter
http://www.svr-gesundheit.de > Gutachten zum Download bereit.

Interessierte können das Handbuch zur Rationalen Pharmakotherapie
im Internet unter http://www.medkomm.de/handbuch/pharmakotherapie/
bestellen.

Originaltext: AOK Baden-Württemberg
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/51195
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_51195.rss2

Pressekontakt:
AOK Baden-Württemberg, Pressestelle, Tel.: 0711 25 93-231
E-Mail: presse@bw.aok.de

Deutscher Hausärzteverband, Pressestelle, Tel.: 02203 57 56-10 41
E-Mail: manfred.king@hausaerzteverband.de

DEGAM, Pressestelle, Tel.: 069 6500-7245
E-Mail: otterbach@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de


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