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Börsen-Zeitung: Übertriebener Optimismus, Börsenkommentar "Marktplatz" von Kai Johannsen

Geschrieben am 02-10-2009

Frankfurt (ots) - Der Optimismus der Anleger hinsichtlich einer
schnelleren Erholung der US-Konjunktur ist vollkommen übertrieben.
Mit der jüngsten Arbeitsmarktstatistik aus den USA dürfte das wohl
auch dem letzten Investor klar geworden sein. Im September gingen
jenseits des Atlantiks 263000 Stellen (außerhalb der Landwirtschaft
verloren). Die Arbeitslosenquote liegt mit 9,8% nur noch knapp unter
den 10%.

Viele Anleger sind nun geraume Zeit fast schon felsenfest davon
überzeugt, dass das Schlimmste in Sachen Krise überwunden ist.
Stimmungsindikatoren haben sich zusehends verbessert. Vor diesem
Hintergrund waren die Experten denn auch davon ausgegangen, dass sich
der Stellenabbau in den USA deutlicher verlangsamt hat. An 180000
verloren gegangene Arbeitsplätze hatten die Volkswirte im Mittel der
Prognosen geglaubt. So schnell schafft eine Volkswirtschaft die
Überwindung der Krise eben doch nicht.

Bei diesem Optimismus hatte sich zuvor schon ein enormes
Enttäuschungspotenzial aufgebaut. Und die Skeptiker bekamen zuletzt
immer wieder recht. Ob nun das Verbrauchervertrauen, der Index der
Chicagoer Einkaufsmanager, die wöchentlichen Erstanträge auf
Arbeitslosenunterstützung, der landesweite Index der Einkaufsmanager
(ISM) - alle Daten fielen schwächer als erwartet aus. Den "krönenden"
Abschluss lieferte dann das Daten-Highlight am Freitag.

Bei einigen Credit-Händlern hatte sich seit einigen Wochen aber
schon eine gesunde Skepsis eingestellt. Der Markt liefert
üblicherweise frühzeitig Warnsignale. Zwar haben die Credits - also
Unternehmensanleihen oder die Kreditderivate Credit Default Swaps
(CDS), mit denen sich Investoren gegen die Verschlechterung der
Bonität oder den Ausfall eines Schuldners (zum Beispiel Unternehmen)
absichern oder eben auf ein Kreditereignis spekulieren können - in
diesem Jahr eine beeindruckende Rally hingelegt. Aber der Markt zeigt
auch Ermüdungserscheinungen. Denn die Spread-Einengungen, d.h.
Kursgewinne von Unternehmensanleihen, die auftraten, wenn bessere
oder eben nicht ganz so schlechte Konjunkturdaten in den Markt kamen,
fielen längst nicht mehr so deutlich aus wie die Spread-Ausweitungen
(Kursverluste von Corporate Bonds), die als Reaktion auf schlechter
als erwartet ausgefallene Makrodaten zu beobachten waren. Viele
Marktteilnehmer - so schlussfolgerten beispielsweise die
Credit-Experten von BNP Paribas - scheinen sich nun doch auf ein
verlangsamtes Wachstum einzustellen.

Mit Optimismus geht meist auch eine zunehmende Sorglosigkeit
vieler Investoren einher. Auch das zeigt sich einmal mehr am
Credit-Markt, abzulesen an einer Befragung von Credit-Investoren
seitens der Bank of America/Merrill Lynch (BoA/ ML). Ein großes
Risiko für Bondholder sind extrem schuldenfinanzierte Fusionen oder
Übernahmen. 66% der Befragten sehen aber angesichts der wieder
stärker werdenden M&A-Aktivitäten (Beispiel Kraft/Cadbury) keine
Risiken und haben deshalb ihre Investments auch nicht angepasst. Nur
etwas mehr als 10% der Investoren haben vor diesem Hintergrund
beispielsweise Papiere aus Sektoren mit starken Cash-flows verkauft.
M&A kein Risiko? Warum auf einmal nicht, dürfte sich so mancher
Experte fragen.

Getrieben ist die Rally, gerade bei den Credits, von der
Liquidität. Sie speist die Spread-Einengungen. Da wundert es auch
kaum, dass gerade Credit-Fonds enorme Mittelzuflüsse verzeichnen.
Genau darin liegt das nächste Risiko, allerdings scheint die Mehrheit
der Investoren auch diese Gefahr derzeit recht deutlich zu
unterschätzen. "Erwarten Sie, dass angesichts der Spread-Rally die
Zuflüsse in Credits anhalten werden?", fragte BoA/ML. 75% antworteten
mit Ja. Kein Wunder, dass die Bank ihre Credit-Studie mit "Bubble
Trouble?" überschrieb.

Irgendwann dürfte sich auch bei den Credits eine alte Weisheit
durchsetzen: Von Gewinnmitnahmen ist noch keiner arm geworden. Und im
spekulativen Rating-Bereich konnten schon immerhin 70% bis 80%
verdient werden. Fragt sich nur noch, wann es soweit ist. Enttäuschen
die Unternehmen mit ihren Zahlen zum dritten Quartal oder mit einem
düsteren Ausblick, dürfte die Zeit dafür wohl reif sein. In der neuen
Woche geht's mit der Berichtssaison los.

(Börsen-Zeitung, 3.10.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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