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Südwest Presse: Kommentar zur Bundestagswahl

Geschrieben am 28-09-2009

Ulm (ots) - Falls sie denn will und nichts ganz Unabsehbares
dazwischenkommt, wird Angela Merkel lange Kanzlerin bleiben. Ihre
sicherste Bank für einen Verbleib im Kanzleramt ist der Zustand der
einstweilen größten Oppositionspartei. Parteichef Franz Müntefering
deutet zwar bereits an, dass er den Weg frei macht. Der ehrenwerte,
aber doch gealterte Fahrensmann erkennt wohl selbst, dass er nicht
mehr der Richtige ist, der siechen Partei aufzuhelfen.
Doch so schnell jagt die SPD der Kanzlerin keinen Schrecken mehr ein
- auch nicht ihr Noch-Vize Frank-Walter Steinmeier als neuer
Wortführer des Nicht-Regierungslagers. Für die Genossen ist zwar eine
Regenerationszeit in der Opposition eine Voraussetzung, sich
inhaltlich und personell neu aufzustellen. Doch wie schnell es
gelingt, auch wieder regierungsfähig zu werden, ist offen. Die
beharrenden Kräfte, etwa die nun abgewählten Minister, werden sich
sträuben gegen eine Radikalkur, die Vertreter des linken Flügels von
Klaus Wowereit bis Andrea Nahles anstreben. Auf die Sozialdemokraten
fällt erstmal das falsche, aber eingängige Münte-Wort zurück:
Opposition ist Mist.
2013, wenn voraussichtlich wieder gewählt wird im Bund, werden
angesichts dieser Ausgangslage wohl weder die Sozialdemokraten noch
eine andere Partei in der Lage sein, der Union den Rang der
Kanzler-Partei streitig zu machen. Die Linke zehrt doch sehr von den
prominenten und charismatischen Köpfen Gregor Gysi und Oskar
Lafontaine, die aber den Zenit überschritten haben. Und die Grünen
dürften sich nun - beginnend im Saarland - eher in Richtung CDU
orientieren, als weiter auf ungewisse und hoch risikobehaftete
rosarote Machtoptionen zu warten.
Bleibt für Merkel noch das Risiko einer Attacke aus dem eigenen
Lager. Doch die zu Recht manchmal als Kanzlerwahlverein geschmähte
CDU ist gerade vor Wahlen in puncto Geschlossenheit, Disziplin und
Loyalität führend unter den Parteien. Einer Vorsitzenden, die die
Christdemokraten nach harten Jahren in der großen Koalition nun mit
dem liberalen Wunschpartner wieder an die Machttöpfe geführt hat,
kann so schnell keiner mehr etwas anhaben aus den eigenen Reihen.
Eher müssen die wenigen Oettingers, die ab und zu eine dicke Lippe
riskiert haben, aufpassen, dass sie nicht bald auf Friedrich Merz'
Spuren wandeln.
Und die Freidemokraten, die jetzt so tun, als könnten sie Bäume
ausreißen, werden bald spüren, dass ihre hochfliegenden Pläne nur
begrenzt kompatibel sind mit den Mühen der Ebene. Und dass ihr
Personalreservoir für die ihr zufallenden Ämter nicht so
eindrucksvoll ist. Vor allem wird sich die Union ohne SPD-Klotz am
Regierungsbein wieder vorteilhafter als wahre Erbhüterin der sozialen
Marktwirtschaft des Ludwig Erhard zu inszenieren wissen. Manche aus
Ärger über die große Koalition bei der FDP geparkte Stimme wird ihren
Weg zurückfinden. Und dass sich für Ärzte und Apotheker alle in die
Liberalen gesetzten Hoffnung erfüllen, muss bezweifelt werden.
Denn für die Regierung geht es jetzt nicht um die Verteilung von
Wohltaten und Dankesgaben, sondern darum, möglichst bald die von der
Finanzkrise ausgelösten Verwerfungen auszubügeln. Das kostet Geld -
wen anders als uns Steuer-, Abgaben und Gebührenzahler?
Angela Merkel wird im übrigen mit klammheimlichem Vergnügen
registrieren, dass auch die CSU und ihr rauflustiger Chef Horst
Seehofer vom Wähler wieder auf die Matte zurückgeholt worden sind.
Man darf sich schon auf die Eifersüchteleien zwischen Christsozialen
und der künftig im Bundestag doppelt so stark vertretenen FDP freuen,
wenn es ans Verteilen der Ressorts in der neuen Regierung geht.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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