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Börsen-Zeitung: Risikoappetit kehrt zurück, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 17-07-2009

Frankfurt (ots) - Ein weiteres Mal zeigen die Finanzmärkte dieser
Tage, wie sehr sie von schnell wechselnden Launen der Investoren hin
und her getrieben werden. Beginnend mit den Zahlen von Goldman Sachs
haben die Quartalsberichte großer US-Finanzhäuser den Hoffnungen
neuen Schub verliehen, dass die Krise in nicht allzu ferner Zukunft
überwunden werden könnte. Hinzu kommen per saldo recht gute
Konjunkturdaten, vor allem das im zweiten Quartal wieder
beschleunigte Wachstum Chinas.

Hatten im frühen Handel zum Auftakt der abgeschlossenen Woche noch
Zweifel an einer baldigen Erholung die Märkte belastet, folgte eine
bemerkenswerte Kehrtwende. Kein Zweifel: Der Risikoappetit der
Investoren ist wieder zurückgekehrt. Belegt wird dies u.a. durch
deutlich rückläufige Risikoprämien, die am Credit-Markt gezahlt
werden müssen. So hat sich der iTraxx Europe, ein Index, der
Versicherungsprämien gegen Kreditausfälle von europäischen Emittenten
guter Bonität darstellt, in nur fünf Handelstagen um 14 auf 109
Basispunkte eingeengt.

Eine noch deutlichere Sprache spricht der VDax, der, vereinfacht
ausgedrückt, eine Art Messinstrument für das Ausmaß der Angst unter
den Anlegern ist. Er liegt nur noch bei rund 26%, nachdem er nur
wenige Tage zuvor noch ein Zwischenhoch von 34% erreicht hatte. Vor
allem aber befindet sich der Index damit auf einem Niveau, das
zuletzt am 12. September, unmittelbar vor dem Lehman-Kollaps, Bestand
hatte. Beeindruckend auch die Entwicklung gerade am inländischen
Aktienmarkt. Gegenüber dem Tief vom Montag von 4520 hat der Dax in
nur fünf Handelstagen bis zu 500 Zähler und damit mehr als 10%
gewonnen.

Auch jenseits der ganz kurzfristigen Marktbewegungen gibt es
zunehmende Anzeichen dafür, dass sich die Psyche der Investoren
stabilisiert hat. So hat sich die Haltung der Investoren zu den ost-
und mitteleuropäischen Reformstaaten deutlich zum Positiven gewendet.
Im ersten Quartal wurde noch der völlige wirtschaftliche und
finanzielle Zusammenbruch der Region befürchtet, die unter den
Emerging-Markets-Segmenten bis vor kurzem noch mit weitem Abstand das
Schlusslicht in der Gunst der Investoren war. Jetzt konnte
ausgerechnet die Republik Ungarn, deren Staatsbankrott mit
internationaler Hilfe abgewendet werden musste, die erfolgreiche
Rückkehr an den internationalen Kapitalmarkt feiern. Eine fünfjährige
Benchmark-Anleihe über 1 Mrd. Euro war mit Orders von rund 1,75 Mrd.
Euro überzeichnet. Zwar musste die Republik einen hohen Spread
entrichten. Sie konnte jedoch die Emission am unteren Rand der
Marketing-Vorgabe von 395 bis 405 Basispunkten unterbringen. Ungarn
hat nun gute Aussichten, bald ohne internationale Unterstützung
auszukommen.

So ermutigend die jüngsten Signale aus der Finanzwirtschaft und
seitens der Konjunktur auch sind: Anleger sollten weiter Vorsicht
walten lassen. Der nächste Appetitzügler kommt bestimmt. Die Krise
wird über einen längeren Zeitraum für negative Nachrichten sorgen.
Häufige und heftige Stimmungs- und Kursschwankungen werden das
Geschehen an den Finanzmärkten auch in den kommenden Monaten prägen.
Auf die aktuelle Rally an den Aktienmärkten wird unweigerlich der
nächste Rückschlag folgen. Die Entscheidung darüber, ob die Krise
tatsächlich in absehbarer Zeit überwunden wird, ist noch lange nicht
gefallen. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Erholung der
Weltwirtschaft enttäuschen wird. Damit ist auch die weit verbreitete
Meinung, dass die Aktienmärkte ihren Boden bereits gesehen haben, mit
Fragezeichen zu versehen.

Die Investoren müssen aufpassen, keinen Illusionen aufzusitzen.
Vieles, was jetzt nach Aufschwung riecht, ist Ausdruck einer
Korrektur der panikartigen Lagerräumung, die dem Lehman-Kollaps
folgte. Dies und die allmählich wirksam werdenden Maßnahmen zur
Ankurbelung der Konjunktur werden möglicherweise eine vorübergehende
Scheinblüte hervorbringen, der über kurz oder lang ein böses Erwachen
folgen wird.

(Börsen-Zeitung, 18.7.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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