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Berliner Morgenpost: Die Rückkehr der großen Gewinne - Kommentar

Geschrieben am 16-07-2009

Berlin (ots) - Manchmal muss den braven Bundesbürger das Gefühl
beschleichen, an einer irren Zeitreise teilzunehmen. Vor etwa einem
halben Jahr stand die Welt vor dem Zusammenbruch. Erst jetzt kommt
ans Licht, dass etwa das Münchner Pleite-Institut Hypo Real Estate
nicht nur am Abgrund stand, sondern einen Schritt weiter gewesen
wäre, hätte nicht die Bundesregierung ein über 100 Milliarden Euro
teures Sicherheitsseil geknüpft. Politiker, Wissenschaftler und die
Ehrlichen unter den Bankern gaben zu, dass Leichtsinn, Gier und
unzureichende Kontrollen das Zocken ziemlich leicht gemacht hatten.
Von Verstaatlichung war nicht nur bei Linken die Rede;
Lebenswichtiges wie den Geld-Kreislauf durfte man nicht von ein paar
Hasardeuren ruinieren lassen.
Konsens war: Wenn sich marode Geldhäuser mit Steuergeldern durch die
Krise schlawinerten, anstatt sich erhobenen Hauptes den Gesetzen des
Marktes zu beugen, dann hatte die Öffentlichkeit zumindest Anspruch
auf Rückzahlung. Zumal die Folgen des weltweiten Beinahe-Kollapses
noch nicht einmal vollständig in Deutschland angekommen sind. Der
Gipfel der Arbeitslosigkeit wird erst für das kommende Jahr erwartet,
niemand weiß, ob und wie sich die Kreditklemme lösen wird, unter der
vor allem der Mittelstand leidet. Und die Schulden für die Zockerei
werden noch unsere Enkel abstottern. So ist die Lage.
Die Nachrichten aus den USA allerdings klingen, als ob der Kalender
seit zwei Jahren nicht umgeblättert worden sei. Sowohl Goldman Sachs
als auch JP Morgen Chase vermelden Traumgewinne von über zwei
Milliarden Dollar, nur fürs zweite Quartal 2009 wohlgemerkt. Ist
jemals diskutiert worden, ob dieses Geld direkt bei der Regierung
abgeliefert werden sollte? Immerhin hat JP Morgan 30 Milliarden
Staatsbürgschaft erhalten. Stattdessen werden wieder Boni
ausgeschüttet, für die, die am waghalsigsten investierten. Gewinne
privatisieren, Kosten der Gemeinschaft aufbürden - wollten wir uns
dieses System nicht vor einem halben Jahr noch abgewöhnen? Fakt ist:
Die Angst ist weg, die Risikolust der professionellen Anleger nimmt
ganz offenbar wieder zu.
Bei allem Wehklagen war es die Politik, die versäumte, auf dem
Höhepunkt der Krise ein paar belastbare Regeln gegen Hazard-Banker
durchzusetzen. Wann immer politische Entscheidungen getroffen wurden,
waren die Vertreter der Geldhäuser vertreten, in Person des Vorstands
oder des Rechtsbeistands, und wehrten virtuos allzu viele Kontrollen
ab. Ausgerechnet die Verfechter des reinigenden Marktes haben es
geschafft, auch das kaputteste Geldhaus mit Bürgergeld retten zu
lassen. Regierungen weltweit haben beglückt Retter gespielt und den
vermeintlichen Rückgewinn des politischen Primats genossen.
Diese Krise war nur ein Vorgeschmack, wenn wir nichts lernen, sagt
der Wirtschaftsexperte Meinhard Miegel. In der nächsten Krise werden
dann allerdings keine Banken mehr eingehen, sondern ganze
Volkswirtschaften.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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