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Nationaler Ethikrat legt Stellungnahme zum Thema Sterbebegleitung vor

Geschrieben am 13-07-2006

Berlin (ots) -

Nach intensiven Beratungen veröffentlicht der Nationale Ethikrat
am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme "Selbstbestimmung und
Fürsorge am Lebensende". Sie schließt an die im Juni 2005
veröffentlichte Stellungnahme zur Patientenverfügung an. Der Ethikrat
hat die Fragen eines verantwortlichen Umgangs mit dem Sterben
eingehend diskutiert. Er hat umfangreiches Material gesichtet,
Expertisen eingeholt, mit Ärzten und medizinischem Fachpersonal
gesprochen und sich auf Tagungen in Augsburg und Münster der nach wie
vor kontrovers geführten öffentlichen Diskussion gestellt. Das
Ergebnis sind die nun vorgelegten Empfehlungen:

Der Nationale Ethikrat schlägt vor, die eingeführte, aber
missverständliche und teilweise irreführende Terminologie von
aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe aufzugeben.
Entscheidungen und Handlungen am Lebensende, die sich mittelbar oder
unmittelbar auf den Prozess des Sterbens und den Eintritt des Todes
auswirken, können angemessen beschrieben und unterschieden werden,
wenn man sich terminologisch an folgenden Begriffen orientiert:
Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur
Selbsttötung, Tötung auf Verlangen.

Mit Blick auf Sterbebegleitung und Therapien am Lebensende
unterstreicht der Ethikrat, dass jeder unheilbar kranke und sterbende
Mensch Anspruch darauf hat, unter menschenwürdigen Bedingungen
behandelt, gepflegt und begleitet zu werden. Bei allen Maßnahmen der
Sterbebegleitung und der Therapien am Lebensende ist der Wille des
Betroffenen maßgebend. Jedem unheilbar kranken und sterbenden
Menschen muss eine ausreichende palliativmedizinische Versorgung
gewährt werden. Ärzte sollten dabei Aspekte der Lebensqualität des
Patienten über solche der maximalen Verlängerung seines Lebens
stellen dürfen, ohne strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen.
Eine ausreichende stationäre und ambulante Versorgung in
Pflegeheimen, Palliativstationen und Hospizen ist ebenso dringend
geboten wie der Ausbau von Angeboten der interdisziplinären Aus- und
Fortbildung für Ärzte und Pflegende im Umgang mit Schwerkranken und
Sterbenden. Das ehrenamtliche Engagement bei der Sterbebegleitung
sollte gefördert und unterstützt werden, und Angehörigen sollte eine
kompetente Beratung über Pflege- und Versorgungsmöglichkeiten von
schwer kranken Menschen zur Verfügung stehen. Es sollten
arbeitsrechtliche Freistellungsansprüche eingeräumt werden, um nahe
stehenden Personen die Begleitung eines Sterbenden zu ermöglichen.
Zum Sterbenlassen gehört, dass jeder Patient das Recht hat, eine
medizinische Maßnahme abzulehnen, auch dann, wenn diese Maßnahme sein
Leben verlängern könnte. Gleiches gilt, wenn der Betroffene zu einer
Erklärung außer Stande ist, seine Ablehnung aber hinreichend sicher
aus einer Patientenverfügung oder sonstigen verlässlichen
Anhaltspunkten zu entnehmen ist. Sofern es keine sicheren
Erkenntnisse über den Willen des Patienten gibt oder ein solcher
nicht gebildet werden konnte, sollte für strafrechtliche und
berufsrechtliche Sanktionen kein Raum sein, wenn eine medizinische
Behandlung unter Abwägung ihrer Aussichten auf Erfolg, des
Leidenszustandes des Patienten und seiner voraussichtlichen
Lebenserwartung nicht mehr angezeigt ist und sie deshalb unterlassen,
begrenzt oder beendet wird. In Zweifelsfällen hat die Erhaltung des
Lebens Vorrang.

Was Suizid, Suizidintervention und Beihilfe zum Suizid betrifft,
sollten Rechtsordnung und gesellschaftliche Praxis weiterhin darauf
ausgerichtet sein, Menschen, auch wenn sie schwer krank sind, von dem
Wunsch, sich selbst das Leben zu nehmen, abzubringen und ihnen eine
Perspektive für ihr Leben zu eröffnen. Bestehen bei einem
Suizidversuch eines schwer kranken Menschen klare Anhaltspunkte, dass
der Versuch aufgrund eines ernsthaft bedachten Entschlusses erfolgt
und dass der Betroffene jegliche Rettungsmaßnahme ablehnt, so sollen
nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Nationalen Ethikrates
Personen, die beispielsweise als Ärzte oder Angehörige eine besondere
Einstandspflicht für den Suizidenten haben, von einer Intervention
absehen dürfen, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Einige
Mitglieder des Nationalen Ethikrates halten es für erforderlich,
diese Möglichkeit auf Situationen zu beschränken, in denen die
schwere Krankheit absehbar zum baldigen Tod führen wird.

Im Hinblick auf die Zulässigkeit der ärztlichen Beihilfe zum
Suizid und der organisierten Beihilfe zum Suizid bestehen im
Nationalen Ethikrat zum Teil unterschiedliche Auffassungen. Einmütig
spricht sich der Nationale Ethikrat für ein strafbewehrtes Verbot
einer gewinnorientiert betriebenen Beihilfe zum Suizid aus.

Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) sollte
beibehalten werden.

Die Stellungnahme Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende kann
auf der Website des Nationalen Ethikrates eingesehen werden unter
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/stellungnahmen.html



Originaltext: Nationaler Ethikrat
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=42978
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_42978.rss2

Pressekontakt:

Dr. Rudolf Teuswen
Leiter der Geschäftsstelle
Nationaler Ethikrat
Jägerstraße 22/23
10117 Berlin
Tel.: 030/20370-612
Fax: 030/20370-252
Mail: kontakt@ethikrat.org


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