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LVZ: Platzeck empört über "falsches Schlachtengemälde" der CDU für Feiern zum 9. November: Die Ostdeutschen, nicht die CDU und die Amerikaner haben die deutsche Einheit hergestellt

Geschrieben am 21-06-2009

Leipzig (ots) - Ein wirkliches "Volksfest ohne Ehrentribüne" statt
eines parteipolitisch missbräuchlich wirkenden Aufmarschs vor dem
Brandenburger Tor von Angela Merkel (CDU), Helmut Kohl (CDU) und
US-Präsident Barack Obama anlässlich des 20. Jahrestages der
Wende-Feiern hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck
(SPD) verlangt. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung"
(Montag-Ausgabe) machte Platzeck zugleich auf ein "falsches
Schlachtengemälde" aufmerksam, das in Vorbereitung sei, "so als
hätten CDU und Amerikaner die deutsche Einheit hergestellt". Die
Ostdeutschen ermunterte Platzeck, hier und ganz allgemein "mehr
Selbstbewusstsein" zu zeigen.

Mit Blick auf die vom offiziellen Berlin vorgeplanten
November-Feierlichkeiten sagte Platzeck in dem Interview: "Lasst das
nur nicht mit uns machen. Am 9. November darf es nicht um
Parteipolitik gehen." Er ahne zwar: "Die CDU will bestimmt ein Bild
präsentieren: Die Wende als Spannungsbogen einer Zeit zwischen Helmut
Kohl und Angela Merkel, dazwischen steht der gute Amerikaner Barack
Obama und die haben dann die Mauer vom Westen her eingedrückt. Vor
einem solchen Planspiel graust es mir", meinte Platzeck. "Die Mauer
ist vom Osten eingedrückt worden. Und darauf war weder Helmut Kohl
vorbereitet noch hat er gar mitgemacht. Das schmälert nicht Kohls
Verdienste um die deutsche Einheit."

Für den Mitgestalter der Wende gebe es am 9. November "nur eine
angemessene Form: Ein riesiges Volks-Fest". Denn, so Platzeck: "In
unserer friedlichen Revolution stand keine politische Partei allein
an der Spitze. Da standen mutige Leute ganz vorn und es war eine
richtige Volksbewegung. Also muss die Jahrestagsfeier auch ein
richtiges Volksfest sein, eins ohne Ehrentribüne."

Er habe im Vorfeld der anstehenden Feiern zum 20. Jahrestag der
Wende eine Vorstellung davon gehabt, worum es hätte gehen sollen: "Um
die Revolution, um die Leute, die sie gemacht haben und um unser
Streben zur Selbstbestimmtheit. Herausgekommen ist eine merkwürdige
Debatte um die DDR als Unrechtsstaat, um die Frage, warst du dafür
oder dagegen, warst du in der Partei oder nicht." Deshalb möchte er
gern, "dass wir unser Selbstbewusstsein aus den vergangenen 20 Jahren
schöpfen".

Platzeck stellte fest, dass den Ossis, im Gegensatz zu den Wessis,
"bestimmte Fähigkeiten in Sachen Selbstdarstellung" fehlten. Er habe
seine entsprechenden einschlägigen Erfahrungen gleich nach der Wende
gemacht. "Als ich in Brandenburg nach der Wende ein Ministerium neu
aufgebaut habe, kamen wäschekorbweise Bewerbungen. Der Bewerber aus
dem Osten hat geschrieben: Das kann ich, folgendes kann ich nicht und
ich würde deshalb gerne in einem bestimmten Bereich eingesetzt
werden. West-Bewerbungen lasen sich ganz anders sinngemäß: Zwar ist
der Ministerposten schon besetzt, aber der Rest ist kein Problem."

Dass trotzdem viele Westdeutsche den Ostdeutschen hätten sagen
können, wo es lang ginge, führt Platzeck auch auf eine gewisse
blauäugige Revolutionsromantik seitens der Bürgerbewegung nach
geglückter Wende zurück. "Wir wollten in diesem Land für dieses Land
mit unseren Leuten erstmal eine Gesellschaft aufbauen, die fröhlich,
bunt und zukunftsfähig ist. Wir haben zu wenig berücksichtigt, dass
dazu die ökonomische Basis fehlte. Wir dachten aber, ein wenig
Revolutionsromantik hätten wir uns verdient", so Platzeck. "Die
Bürgerbewegung hat auch deshalb den Kontakt zur Masse der Bevölkerung
verloren. Wir haben nicht schnell genug verstanden, was das bedeutet,
dass aus dem Ruf ,Wir sind das Volk' die Forderung wurde: ,Wir sind
ein Volk' - inklusive DMark."

Heute müssten alle Deutschen "sehr behutsam mit dem einzigartigen
Schatz der Erlebnisse aus den vergangenen 20 Jahren umgehen", meinte
der Sozialdemokrat. "Nur ein Beispiel: Als Minister hatte man Anfang
der 90er Jahre manchmal Tagespläne, die beinhalteten fast nur
Betriebsstilllegungen und man musste überall versuchen, die Leute zu
beruhigen. Wir haben das trotzdem gemeinsam hinbekommen, die
Verhältnisse blieben politisch beherrschbar. Was für eine
zivilisatorische Leistung von uns allen im Osten, wo fast keiner auf
seinem alten Arbeitsplatz blieb." Wichtig sei, "dass wir das nicht
erst entdecken, wenn Historiker sich dem Kapitel der Nachwendezeit
zuwenden".

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/72626-2000


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