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Norman Paech: Erschreckende Erosion rechtsstaatlichen Denkens

Geschrieben am 19-06-2009

Berlin (ots) - Der Untersuchungsausschuss hat mit seinem
Abschlussbericht eine der längsten und umfangreichsten Untersuchungen
der Tätigkeit der Regierung und seiner Geheimdienste abgeschlossen.

Das Ergebnis ist ein klareres Bild der Regierungspolitik im
Bereich Sicherheit und Terrorismusbekämpfung seit dem 11. September
2001. Es zeigt vor allem eine erschreckende Erosion rechtsstaatlichen
Denkens und rechtsstaatlicher Maßstäbe im Zuge des nach 2001
ausgerufenen "Krieg gegen den Terror".

Der Grund dafür lag in der falsch verstandenen
Bündnisverpflichtung gegenüber dem NATO-Partner USA, dem sie nicht
nur pauschale Überflugrechte und logistische Unterstützung für die
Verschleppung Terrorverdächtiger gewährte, sondern auch konkrete und
aktive Beihilfe in ihrem Krieg gegen Irak im Jahr 2003 leistete.

Die Verwilderung des Rechtsstaatsdenkens wird vor allem deutlich
- an der Übermittlung von Personendaten an Staaten, deren Datenschutz
vollkommen unzureichend ist, wie in den Fällen Kurnaz und Zammar,
- an der Vernehmung der Verschleppten und Inhaftierten ohne sich
vorher ausreichend über die Haftbedingungen zu informieren, wodurch
man von den Früchten der Folter profitierte, wie in den Fällen Kurnaz
und Zammar,
- an der mangelnden Hilfestellung gegenüber den Inhaftierten in ihrer
menschenrechtswidrigen Haftsituation, wie in den Fällen Kurnaz,
Khafagy und Zammar,
- an der Aufgabe eigener Souveränitätsrechte zugunsten illegaler
Verschleppungsflüge (rendition) durch die CIA.

Bei der noch immer unaufgeklärten Verschleppung des Deutsch-Syrers
Zammar konnte sogar der Verdacht nicht ausgeräumt werden, dass die
Ermöglichung seiner Ausreise nach Marokko ihn gerade in die Situation
brachte, die dann zu seiner Verschleppung nach Syrien führte.

Die Entsendung von BND-Mitarbeitern nach Bagdad und Doha hat sich
als ein eindeutiger aktiver und wichtiger Beitrag zur Kriegsführung
der USA im Irak im Frühjahr 2003 erwiesen. Dies steht in krassem
Widerspruch zu den Erklärungen der damaligen Bundesregierung und war
eine direkte Beteiligung am Krieg der USA.

Für alle diese Verfehlungen der Politik liegt die Verantwortung
bei den Spitzen der Sicherheitsbehörden und vor allem bei dem
damaligen Chef des Kanzleramtes und Beauftragten der Bundesregierung
für die deutschen Sicherheitsbehörden Frank Walter Steinmeier. Er war
über alle Verschleppungsfälle frühzeitig informiert, spätestens seit
der Inhaftierung von Kurnaz wusste er ab Januar 2002 von der
illegalen Rendition-Praxis der CIA Bescheid. Die Tatsache, dass Herr
Steinmeier bis heute behauptet, dass er entgegen den gesicherten
Beweisen des Untersuchungsausschusse erst 2005 von all dem sichere
Kenntnis erlangt habe, lässt die Frage nach weiterer
Regierungsverantwortung und persönlichen Konsequenzen nach wie vor
offen.

Alle untersuchten Fälle, so auch bei der rechtswidrigen
Observation von Journalisten (z.B. Schmitt-Eenboom), haben eklatante
Defizite in der internen Organisation wie auch bei der internen und
externen Kontrolle der Geheimdienste ergeben. Die rechtlichen
Grundlagen der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste hat
die gegenwärtige Bundesregierung nur völlig unzureichend reformiert.

Schließlich machen die z.T. erheblichen Behinderungen der
Kontrollarbeit des Untersuchungsausschusses durch die oft sehr
restriktive Übermittlung von Urkunden und Beweismaterial durch die
Bundesregierung aber auch durch die offene Blockade von
Beweismöglichkeiten der drei Oppositionsfraktionen es notwendig, dass
vor allem die Rechte der Minderheiten im Untersuchungsausschuss
entscheidend verstärkt werden. Denn schließlich ist es vor allem die
Opposition, die die Kontrolltätigkeit am ernstesten nimmt.

Originaltext: DIE LINKE
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/41150
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_41150.rss2

Pressekontakt:
Hendrik Thalheim
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Telefon +4930/227-52800
Telefax +4930/227-56801
pressesprecher@linksfraktion.de


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