(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Barroso = von Alexander Marinos

Geschrieben am 18-06-2009

Düsseldorf (ots) - Diese Respektlosigkeit kann und wird sich das
neu gewählte Europäische Parlament nicht gefallen lassen: Die
Regierungschefs wollen mit aller Macht und in aller Eile José Manuel
Barroso als neuen alten Kommissionspräsidenten durchsetzen, bevor
jene, die Barroso wählen sollen, überhaupt zum ersten Mal
zusammengekommen sind. Mit Blick auf die EU-weit niedrige Beteiligung
an der Europawahl dürfen es die Parlamentarier nicht zulassen, einmal
mehr als willfährig vorgeführt zu werden. Die Wahrscheinlichkeit,
dass Barroso im Juli durchfällt, ist nicht gering, zumal die
konservativ-bürgerliche EVP-Fraktion keine eigene Mehrheit hat.
Wenn es so kommt, wäre Barroso beschädigt, und seine politischen
Freunde - allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs
Staatspräsident Nicolas Sarkozy - wären bis auf die Knochen blamiert.
Das an sich könnte man mit Gleichmut zur Kenntnis nehmen, wenn es
nicht ums große Ganze ginge. Denn eine handlungsunfähige
EU-Kommission kann sich Europa nicht leisten, während der
Wirtschaftskrise schon gar nicht.
Die Regierungschef sollten ein Einsehen haben und Druck aus der Sache
herausnehmen. Barrosos Mandat geht bis November. Bis dahin dürfte
klar sein, ob der Lissabon-Vertrag gilt, der dem Parlament mehr
Rechte einräumt und neue Spitzen-Jobs schafft. Außerdem wäre Zeit,
sich mit den politischen Leitlinien Barrosos auseinanderzusetzen,
falls er welche hat. Das allerdings muss leider bezweifelt werden.
Die Überzeugungen des Portugiesen sind in etwa so beständig wie die
Farben eines Chamäleons. Früher war Barroso Marxist, heute ist er ein
Liberal-Konservativer. Erst war er Bush-Fan, jetzt findet er Obama
klasse. Er selbst bezeichnet sich als Realist, nicht als Visionär.
Das klingt wie Alt-Kanzler Helmut Schmidt, der Leute mit Visionen am
liebsten zum Arzt schicken würde. Nur: Hier geht es um Europa. Wo,
bitteschön, könnte visionäre Politik gefragter sein als in einem
riesigen Staatenbund, in dem es fortlaufend knarzt und knirscht?
Vielleicht ist es aber auch so, dass Merkel, Sarkozy und Co. weder
einen starken Kommissionschef wollen noch ein starkes
Europaparlament, damit ihre Regierungsgeschäfte nicht gestört werden.
So gesehen, machen sie im Moment alles richtig.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

209632

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Zur Verschärfung des Waffenrechts Lobbynah statt praxisnah Cottbus (ots) - Deutschland gehört zu den Ländern, in denen ein scharfes Waffenrecht gilt. Das kann aber nicht der Maßstab sein, ruft man sich in Erinnerung, wie die Politik vor drei Monaten auf einen offenen Brief der Eltern der Amoklauf-Opfer von Winnenden reagiert hat. "Ihr Anliegen und Ihre konkreten Vorschläge und Fragen nehmen wir sehr ernst", antworteten die Fraktionschefs von Union und SPD. Gemessen daran wundert es nicht, dass die Eltern von dem, was der Bundestag an Waffenrechts-Verschärfungen beschließen wollte, enttäuscht mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Der Bundestag stärkt die Patientenverfügung Ermutigendes Signal Cottbus (ots) - Schätzungsweise neun Millionen Bundesbürger haben schriftlich niedergelegt, was mit ihnen bei schwersten Erkrankungen geschehen soll, die eine mündliche Äußerung unmöglich machen. Die meisten dieser Patientenverfügungen sind ein Plädoyer für den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Doch sicher sein können die Betroffen nicht, dass ihr Wille von den Ärzten respektiert wird. Im Zweifelsfall gehen die Mediziner auf Nummer sicher und entscheiden sich für eine Weiterbehandlung, anstatt dem Wunsch zum Sterben-dürfen Rechnung mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Ringen um Diktaturbeauftragten in Brandenburg Unseliger Streit Cottbus (ots) - Es ist unsinnig, der Brandenburger Regierungskoalition zu unterstellen, sie setzte die Nazi-Barbarei und die SED-Diktatur gleich. Das gibt der von SPD und CDU vorgelegte Gesetzesentwurf nicht her. Was am Donnerstag bei einer Anhörung zu erleben war, ist vielmehr eine Neuauflage eines seit Jahren tobenden Expertenstreits und die daran Beteiligten sind bekannt für ihren Unwillen, abweichenden Meinungen Raum zu gewähren. Aber es ist kein Zufall, dass der aus Polen geladene Historiker darauf verwies, dass Nationalsozialismus mehr...

  • Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Obamas Finanzregeln Rostock (ots) - Der US-Präsident will mit den neuen Regeln die Fähigkeit der Finanzmärkte stärken "jene Kreativität und Innovation freisetzen, um die uns die Welt beneidet", zugleich aber Missbrauch eindämmen. Klingt gut - aber leider auch wie der Versuch zur Quadratur des Kreises. Rückbesinnung auf konservative Grundregeln des Geldhandels und hohe Strafen für Falschberatung von Bankkunden wären eher das Gebot der Stunde. Originaltext: Ostsee-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65393 Pressemappe via RSS mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: zu Patientenverfügung Stuttgart (ots) - Niemand sollte sich täuschen. An der Grundsituation wird sich so rasch nichts ändern. Stünker schreibt nur den Status quo durch die Rechtsprechung fest. Auch wenn seine Gegner, vom CDU-Politiker Bosbach organisiert, behaupten, es werde einen Automatismus zur passiven Sterbehilfe geben: An Krankenbetten wird man sich weiter um die Auslegung von Patientenverfügungen mühen, weil das Sterben nicht normierbar ist. Das sieht Stünker ausdrücklich vor, und das ist auch gut so. Im Zweifel aber gilt: Für das Selbstbestimmungsrecht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht