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Berliner Morgenpost: Eine Pflicht gegenüber den Generationen - Kommentar zur Schuldenbremse

Geschrieben am 12-06-2009

Berlin (ots) - Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich auch
finanzpolitisch ganz ungeniert. Diese Resignation signalisierende
Volksweisheit wollen Bund und Länder mit der Schuldenbremse nicht
länger für sich gelten lassen. Es wird höchste Zeit. Einen
Schuldenberg in Höhe von 1,65 Billionen Euro haben die Regierungen in
Bund, Länder und Kommunen in den vergangenen 40 Jahren aufgetürmt,
auf jedem Bundesbürger lasten deshalb mittlerweile 21.300 Euro
Schulden.
Es ist der zweite Anlauf zur Selbstdisziplin. Seit Jahrzehnten schon
setzt das Grundgesetz im Artikel 115 (nicht mehr Kredite als
Investitionen im jeweiligen Haushalt) der Verschuldung in Bund und
Ländern Grenzen. Doch keine Regierung hat diese Verfassungsvorgabe
wirklich ernst genommen. Das muss mit dem neuen Versuch endlich
gelingen. Anderenfalls nimmt die Staatsverschuldung hoffnungslose
Ausmaße an und werden die nachfolgenden Generationen in
unverantwortbarer Weise belastet. Dabei ist die Vereinbarung nicht
einmal besonders ehrgeizig, die Bremsspur entsprechend lang. Zudem
gibt es für die ganz Armen auch noch Bremshilfen.
Dass sich dennoch drei Länder im Bundesrat der Grundgesetzerweiterung
verweigerten, spricht Bände. Das gilt insbesondere für Berlin.
Gut 60 Milliarden Euro mit wieder steigender Tendenz zeigt der
Schuldenstand der Stadt an. Dafür werden jährlich 2,4 Milliarden Euro
Zinsen fällig. Zum Vergleich: Für seine knapp 30.000 Lehrerinnen und
Lehrer bezahlt der Senat pro Jahr rund 1,3 Milliarden Euro. Nur eines
von vielen Beispielen, die aufzeigen, wie überfällig der Abbau der
Schulden und damit zugleich der Zinslast ist, damit Politik wieder
verantwortbaren Handlungsspielraum zurückgewinnt. Nicht etwa eine
Schuldenbremse stranguliert die Haushalte, wie auch der Berliner
Senat aus SPD und Linkspartei behauptet, sondern die Altschulden samt
der fälligen Zinsen. Sein Argument, in Krisenzeiten wie der
gegenwärtigen sei eine Schuldenbremse zudem kontraproduktiv, weil die
Wirtschaft doch mit Steuergeldern angekurbelt werden müsse, zieht
ebenfalls nicht. In extremen Lagen darf der Schuldendeckel auch
künftig vom Bund wie von den Ländern gelüftet werden. Allerdings
unter einer Voraussetzung. Es muss zugleich ein Tilgungsplan erstellt
werden, der nach Ende der Krise die unverzügliche Rückzahlung der
Sonderkredite festschreibt.
Dass Berlin nicht willens war, diesen Sparpakt mitzutragen, bestärkt
die Befürchtung, dass es Rot-Rot nach dem Abgang Thilo Sarrazins
nicht mehr sehr ernst meint mit einer soliden und künftige
Generationen schonenden Haushaltsführung. Dennoch ist auch Berlin an
die beschlossene Grundgesetzänderung gebunden, wie es als armes Land
Anspruch auf jährlich 80 Millionen Euro Sonderzahlung hat, um das
Neuschuldenziel Null bis 2020 zu erreichen.
Selbst wenn die Schuldenbremse insgesamt eine eher sanfte ist, bedarf
es gewaltiger Anstrengungen in Bund und Ländern, um dem neuen
Verfassungsgebot gerecht zu werden. Das setzt aber auch voraus, dass
der Bund nicht länger immer neue Gesetze beschließt, deren
finanzielle Auswirkungen die Länder zu tragen haben.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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