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Westdeutsche Zeitung: Obama-Rede = Von Eberhard Fehre

Geschrieben am 04-06-2009

Düsseldorf (ots) - Es war tatsächlich eine große Rede. Barack
Obama fand in Kairo nicht nur einen Ton, den vor ihm noch kein
amerikanischer Präsident im Dialog mit der muslimischen Welt gewagt
hatte. Seine Appelle, den "Kreislauf des Misstrauens" zu beenden und
nicht "Gefangene der Vergangenheit" zu bleiben, waren überzeugend,
weil Obamas eigene Biographie seinen Aussagen Glaubwürdigkeit
verleiht. Obamas Beteuerungen, Amerika sei kein "selbstsüchtiges
Empire", und seine Kritik an Kolonialismus und amerikanischen
Verbrechen der Vergangenheit waren der Versuch, die Scherben der
unseligen Bush-Jahre einzusammeln. Und auch hier wirkte Obama
überzeugend, weil er doch selbst als Person alle Klischees vom
rücksichtslosen Weltpolizisten so gründlich zu dementieren scheint.
Natürlich war diese Rede auch ein Spagat. Zum einen wollte der
US-Präsident vor allem die "arabische Straße" erreichen, in der die
antiamerikanischen Ressentiments durch Jahrzehnte bitterer Erfahrung
des Nahost-Konflikts besonders verbreitet sind. Und zugleich musste
er sich an die arabischen Herrscher wenden, die ihm - wie Ägyptens
Präsident Mubarak - ein Podium für seine Demokratie-Appelle lieferten
und zugleich doch die wichtigste Stütze der US-Politik im Nahen Osten
sind. Der US-Präsident beließ es hier bei eher beschönigenden
Floskeln, die den Autokraten am Golf kaum schlaflose Nächte bereiten
dürften.
Die Deutlichkeit aber, mit der Obama die israelische Siedlungspolitik
kritisierte, ist nicht nur ein neuer Ton, sondern tatsächlich schon
ein vorsichtiger Kurswechsel im Weißen Haus. Niemand, schon gar nicht
Obama, aber wird glauben, es genüge, den Eingeborenen ein paar
hübsche verbale Perlen zu präsentieren, um all das Vertrauen
zurückzugewinnen, das eine ganze Phalanx von Vorgängern verspielt
hatte. Sich von den Gespenstern dieser Vergangenheit zu befreien, ist
ein erster Schritt. Den Nachweis, dass sich die US-Politik in der
Substanz geändert hat, den muss Obama jedoch noch erbringen. Das
scheint ungleich schwieriger als eine zugegeben erstaunlich gute
Rede. Aber ein Anfang, der vorsichtige Hoffnung weckt, ist immerhin
gemacht. Und das ist nicht wenig in einer Weltgegend, in der bislang
alles zu finden ist, nur nicht Hoffnung.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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