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Neue Westfälische: KOMMENTAR Bundespräsidentenwahl Vorteil Köhler ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Geschrieben am 22-05-2009

Bielefeld (ots) - Ein amtierender Bundespräsident, dessen
Wiederwahl nur an einem hauchdünnen Stimmenvorsprung hängt - das hat
es in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Theodor Heuss, Heinrich
Lübke und Richard von Weizsäcker kandidierten zwar ebenfalls ein
zweites Mal. Aber sie konnten sich von vornherein auf komfortable
Mehrheiten stützen. Das Fünf-Parteien-System macht die Politik ein
Stück unkalkulierbarer und spannender. Dieser Trend verschont auch
nicht das höchste Amt im Staat.
Die Kandidatur von Gesine Schwan hat die Demokratie belebt. Der
Wettstreit um Schloss Bellevue wertet das Amt auf, weil es dadurch
stärker ins allgemeine Bewusstsein rückt. Und weil klar wird, dass es
sich bei der Wahl des Bundespräsidenten nicht um einen langweiligen
Automatismus handelt. Es kommt in der Bundesversammlung tatsächlich
auf die Entscheidung jedes Einzelnen an.
Die Politikprofessorin Gesine Schwan hat sich in den vergangenen
Monaten mit Elan in die Schlacht geworfen. Sie hat intellektuell
geglänzt und gute Reden gehalten. In der jüngsten Zeit hat sie aber
im Eifer des Gefechts Dinge gesagt, die ihre Sache nicht unbedingt
befördert haben. Etwa ihre Weigerung die DDR klar und eindeutig als
Unrechtsstaat zu bezeichnen. Das legt den Verdacht einer Anbiederung
an die Linkspartei nahe.
Schwans Hauptvorwurf an den Amtsinhaber, er profiliere sich auf
Kosten der Politik, ist auch nur bedingt nachzuvollziehen. Gewiss,
Köhler ist ein Außenseiter, der mit der Welt der Berufspolitiker
fremdelt. Auch hat er öfter auf die Große Koalition geschimpft und
zwei Gesetze nicht unterzeichnet. Doch dass er sich nicht als
Marionette von Angela Merkel versteht, zeugt eher von der
Unabhängigkeit des CDU-Mannes. Gerade die Große Koalition mit ihrem
erdrückenden parlamentarischen Übergewicht verträgt den etwas
schärferen Gegenwind aus Schloss Bellevue ausgezeichnet. Köhler hat
versprochen unbequem zu sein, und das hat er eingelöst.
Der Mann aus Schwaben wird nie ein mitreißender Redner werden. Aber
es gibt zumindest einen beeindruckenden Satz, der im Gedächtnis
haften bleibt: "Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit am
Schicksal Afrikas." Der Ökonom Köhler denkt konsequent in jeder Rede
das Schicksal der Entwicklungsländer mit. Für ihn ist Globalisierung
kein leeres Wort. Außerdem kommt er gut mit den Menschen klar.
Es deutet einiges darauf hin, dass Köhler am Samstag wieder gewählt
wird. Das wäre nicht das schlechteste. Schief gewickelt wären
allerdings diejenigen, die meinen, dass Köhlers Sieg als Signal einer
bevor stehenden schwarz-gelben Wende dienen könnte. Das hat schon
beim vergangenen Mal nicht hingehauen.
Andersherum wäre auch ein Sieg von Gesine Schwan kein Indiz dafür,
dass die SPD und die Linkspartei trotz aller Dementis nach der
Bundestagswahl doch zusammenarbeiten möchten. Zweifellos würden aber
viele Beobachter und vor allem Union und FDP diesen Vorwurf an die
Sozialdemokraten richten.
Deshalb könnte es sein, dass SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter
Steinmeier nicht ganz so traurig ist, wenn der nächste
Bundespräsident doch wieder Horst Köhler heißt.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


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