(Registrieren)

Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu 60 Jahre Grundgesetz

Geschrieben am 22-05-2009

Köln (ots) - In fester Verfassung

JOST SPRINGENSGUTH zum Jubiläum des Grundgesetzes

In geschichtlichen Dimensionen bemessen sind 60 Jahre ein Atemzug.
Historiker
gehen in Jahrhunderte, wenn sie große Abschnitte der Entwicklung
territorialer und
staatlicher Strukturen einordnen. Ist es also möglich, 60 Jahre nach
Inkrafttreten
des Grundgesetzes dieses Basis-Regelwerk für unseren Staat sicher zu
bewerten? Vom
Namen her ist es ein Provisorium geblieben. Wäre es für die
demokratische Ewigkeit,
so sollte es doch Verfassung heißen. So kann man nur zu diesem
Zeitpunkt innehalten
und fragen: In welcher Verfassung befindet sich unser Grundgesetz zu
einem Zeitpunkt,
der im übertragenen Sinn ins beginnende Rentenalter eines Menschen
fällt.

Nein, alt geworden ist die verfassungsrechtliche Antwort auf die
Instabilität der
Weimarer Verfassung nicht. Als am 23. Mai 1949 unser Grundgesetz in
Kraft trat, stand
fest: Nach den Wirren der Zeit zwischen zwei Weltkriegen, der
Nazidiktatur und dem
Zusammenbruch bekam Deutschland ein stabiles Fundament für den
staatlichen Wiederaufbau
- allerdings mit der Einschränkung der Gültigkeit nur für einen Teil
des Landes. Es
war die vorläufige Verfassung für Westdeutschland mit dem Ziel der
Wiedervereinigung.

In dieses Jahr 2009 fällt gleichzeitig die Erinnerung daran. Nach
dem Fall der Mauer
vor 20 Jahren erlangte das Grundgesetz im Einigungsprozess seine
Gültigkeit für Gesamtdeutschland
in den nach dem Krieg gezogenen Grenzen. Entscheidend dafür, dass
nach der Wende keine
neue Verfassung entwickelt wurde, waren die guten Erfahrungen. Das
Grundgesetz wurde
auf die neuen Bundesländer übertragen. In der alten Bundesrepublik
Deutschland funktionierten
die Grundrechte, gab es eine starke verfassungsrechtliche
Legitimation für eine stabile
Demokratie und weiter die Sicherheit, die die vier Mütter und die 61
Väter des Grundgesetzes
gewahrt wissen wollten: der neue Staat sollte konstitutionell
gefestigt, gegen jede
Zentralmacht oder gar Diktatur föderal abgesichert, die Demokratie
wehrhaft sein und
die Menschen unter dem Schutz von Grundrechten stehen. Alles hat sich
bewährt.

Natürlich hat es große Debatten gegeben, als es um die
Wiederbewaffnung und
die Einführung der Wehrpflicht ging; dann um die Notstandsgesetze
oder um die Ostpolitik.
Die erbitterten Auseinandersetzungen haben zur Festigung der
Verfassung beigetragen,
in der sich unsere Demokratie befindet. Das wird so weiter gehen,
wenn etwa das Bundesverfassungsgericht
in seiner starken Rolle in den Prozess der Europäischen Entwicklung
hineingrätschen
sollte. Auch das gehört zu den Prinzipien des Grundgesetzes: Für die
Deutschen ist
die Annahme der Europäischen Verfassung nach dem Vertrag von Lissabon
keine Sache
einer Volksabstimmung, sondern wird das Ergebnis eines Prozesses in
Karlsruhe sein.
Das verfassungsrechtliche Korrektiv der Politik gibt der Festigkeit
der deutschen
Demokratie eine besondere Prägung.

Zu den aktuellen politischen Diskussionen gehört gerade in diesem
Jubiläumsjahr
von Verfassung und Einheit die Frage, ob man nicht doch einen neuen
Verfassungsprozess
einleiten sollte, um besonders den Befindlichkeiten in den neuen
Bundesländern entgegen
zu kommen. Solche Überlegungen sind mehr emotional geprägt als von
staatsrechtlicher
Vernunft getragen. Davon sollte man sich gerade in
Verfassungsdebatten frei machen,
so sehr sich auch der "angeschlossene Teil" der Deutschen
zurückgesetzt fühlt. Dabei
liegt die Schuld an den Verhältnissen nicht bei den Menschen, sondern
wir haben es
mit den Folgen eines untauglichen Systems der DDR zu tun.

Die größte Frage für die Zukunft des Grundgesetzes wird nicht die
nach einer Neuformatierung
als Verfassung sein, sondern: wie resistent wird sie im weiteren
Prozess der europäischen
Integration und der Globalisierung sein.

Originaltext: Kölnische Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/70111
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_70111.rss2

Pressekontakt:
Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

204717

weitere Artikel:
  • Richard von Weizsäcker äußert sich verhalten über Direktwahl des Bundespräsidenten Bonn (ots) - Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat sich verhalten über den Vorschlag geäußert, das Staatsoberhaupt direkt vom Volk wählen zu lassen. In der PHOENIX-Sendung "Im Dialog" sagte er auf die Frage, ob er sich die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bevölkerung vorstellen könne: "Es sind in erster Linie die Parteien und damit auch die Organe, die Beschlüsse für eine Verfassungsänderung herbeiführen müssten, nämlich der Bundestag und der Bundesrat, die für diesen Gedanken wenig übrig haben - mit einem Argument, mehr...

  • RNZ: Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, zu: Verfassungsjubiläum Heidelberg (ots) - Das Grundgesetz leidet nicht an seiner ursprünglichen Einschränkung als Verfassungs-Provisorium. Es bezieht seine Stärke aus der authentischen Diktaturerfahrung, unter der es entstand. Sein Freiheitsgehalt und seine sozialen Bindungen sind allerdings keine festen Garantien. Sie werden aufgeweicht durch das von kurzen Legislaturperioden bestimmte Sachzwang-Denken der Politiker und den Konkurrenzkampf der alle Institutionen des Staates durchdringenden Parteien. Wenn man Ursachen für das demokratische Desinteresse sucht, mehr...

  • Neue Westfälische: KOMMENTAR Bundespräsidentenwahl Vorteil Köhler ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Ein amtierender Bundespräsident, dessen Wiederwahl nur an einem hauchdünnen Stimmenvorsprung hängt - das hat es in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Richard von Weizsäcker kandidierten zwar ebenfalls ein zweites Mal. Aber sie konnten sich von vornherein auf komfortable Mehrheiten stützen. Das Fünf-Parteien-System macht die Politik ein Stück unkalkulierbarer und spannender. Dieser Trend verschont auch nicht das höchste Amt im Staat. Die Kandidatur von Gesine Schwan hat die Demokratie mehr...

  • Der Tagesspiegel: Todesschütze Ohnesorgs bestreitet, jemals mit der Stasi kooperiert zu haben Berlin (ots) - Der Todesschütze Benno Ohnesorgs, der ehemalige Polizist Karl-Heinz Kurras, will sich weder zu seiner Stasi-Tätigkeit noch zum Tod Ohnesorgs äußern. Dem "Tagesspiegel" (Samstagausgabe) sagte er: "Nach 42 Jahren, was soll denn das, können die uns nicht endlich mal in Ruhe lassen." Karras bestreitet im Tagesspiegel, jemals mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) kooperiert zu haben. Seine Frau sagte dem "Tagesspiegel", sie seien alte und kranke Leute. "Wir haben hier Eigentumswohnungen und halten zusammen", sagte sie mehr...

  • Neue Westfälische: KOMMENTAR Schüler-Online-Verfahren in der Kritik Systematische Aussonderung NICOLE HILLE-PRIEBE Bielefeld (ots) - Dass nicht jeder Jugendliche in OWL einen Ausbildungsplatz bekommt, ist eine Schande. Noch schlimmer ist es jedoch, wenn auch das schulische Ausbildungssystem, in das die unter 18-Jährigen unter Androhung von Bußgeldern und polizeilichen Maßnahmen gezwungen werden, versagt. Nach Recherchen dieser Zeitung galten alleine in der Stadt Bielefeld und im Kreis Herford Ende April mehr als 1.000 Jugendliche als unversorgt. Die Zahlen für das Schuljahr 2009/2010 liegen der Bezirksregierung angeblich nicht vor, aber aus einer mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht