 Westdeutsche Zeitung: Pjönjangs Provikation = Von Eberhard Fehre
Geschrieben am 06-07-2006 |
Düsseldorf (ots) - Es war eine Provokation mit Ankündigung, lange
vorbereitet und kalkuliert, doch kein Beobachter vermag überzeugend
zu begründen, welchen Zielen die ballistischen Muskelspiele des
nordkoreanischen Regimes eigentlich dienen. Es sei denn, Kim Jong-Il
betrachtete es schon als Erfolg, auf der Liste der "Schurken-Staaten"
wieder als Top-Verdächtiger gehandelt zu werden.
Die verunglückten Raketentests, verbunden mit grotesker
Großmachtrhetorik, alles in allem also eher eine misslungene
Machtdemonstration als echte Bedrohung? So einfach liegen die Dinge
wohl nicht. Denn dieser Raketenschrott, der ausgerechnet in
russischen Hoheitsgewässern sein klägliches Ende fand, hat durchaus
das Zeug, die Stabilität in Asien zu gefährden. Nordkorea spielt sein
gefährliches Spiel im Schatten des kaum verdeckten Ringens der
Großmächte China und USA um Dominanz in diesem Raum. Ohne die Hilfe
Chinas und Südkoreas wäre das Regime im Norden längst am Ende.
Verlierer aber könnten jetzt diese beiden Staaten sein. Die im Volk
ungeliebte Stationierung von 40.000 US-Soldaten in Südkorea, Japans
Aufrüstung und der Versuch der USA, in Asien die Militärpräsenz
auszubauen, all dem liefert Kims Provokation eine Begründung. Und
Peking glaubt zu wissen, dass dies alles doch nur der Eindämmung
Chinas dienen soll.
Das erklärt auch Pekings Reaktion: scharfe Verurteilung bei
gleichzeitigem Aufruf zur Mäßigung an beide Seiten. Aber in China
werden sich nun hoffentlich viele fragen, wie lange es dem kleinen
Drachen in Pjöngjang noch erlaubt sein soll, mit dem Schwanz des
großen Drachen in Peking zu wedeln, der dann auch noch die
geopolitischen Scherben wieder kitten muss. Vielleicht erkundigen sie
sich bei Bush einmal, wie man einen sauberen "Regimewechsel"
inszeniert.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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