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Neues Deutschland: zum Wechsel der linken Europa-Politikerin Kaufmann zur SPD

Geschrieben am 14-05-2009

Berlin (ots) - Man kann den Wechsel von Sylvia-Yvonne Kaufmann von
der LINKEN zur SPD bedauern, wie Dietmar Bartsch - und dann von
eingeschränkter Glaubwürdigkeit sprechen, weil Kaufmann sich erst
nach ihrer Abstimmungsniederlage auf dem Essener Europaparteitag der
Linkspartei zu diesem Schritt entschloss. Man kann ihre Entscheidung
menschlich verständlich finden, wie Oskar Lafontaine - und zugleich
flugs aufrechnen, dass immer noch mehr einstige SPD-Mitglieder bei
der LINKEN anklopfen als umgekehrt. Oder man kann den Abgang einer
renommierten Europapolitikerin als längst überfälligen Schritt
begrüßen, wie Diether Dehm - und sich mit Stefan Liebich gleich den
nächsten unliebsamen Genossen zur Brust nehmen. Man könnte freilich
auch einen Moment innehalten, nachdenklich werden - und das in Mode
gekommene Parteihopping hinterfragen. Sind wirklich all jene, die in
den letzten Tagen und Wochen ihren einstigen Weggefährten den Bettel
vor die Füße warfen und schnurstraks in der Konkurrenzpartei
weitermachen, von ihrem Gewissen getrieben? Und sind Parteien
womöglich schon so auswechselbar, dass eigentlich Banane ist, wie das
Parteibuch aussieht, mit dem man politisch weiter agiert? Wie viel
Ego spielt dabei eine Rolle, wie viel Berechnung - wie viel
Verletzung und Enttäuschung?
Bei Sylvia-Yvonne Kaufmann spielt vermutlich von allem etwas eine
Rolle. Verständlich, dass sie unbedingt weitermachen will in der
Europa-Politik und ganz offensichtlich bei der SPD darauf hoffen
kann. Aber unverständlich, dass sie dabei erklärtermaßen billigend
die Enttäuschung vieler in Kauf nimmt, die mit ihr 20 Jahre lang für
ihre bisherige Partei stritten. Nachvollziehbar, dass sie sich als
durchaus geachtete und erfolgreiche Europapolitikerin von ihrer
Partei gedemütigt fühlte, als sie mit wenig schmeichelhaften
Begründungen kein neues Mandat für Brüssel erhielt. Weniger
nachvollziehbar allerdings, dass sie zum Abschied mit gleicher Münze
austeilt: Sektierer, Verbalradikalismus, Fundamentalopposition. Das
ist die LINKE nicht per se und Kaufmann weiß es.
Dass sie sich entschloss, der Partei, die sie einst mitbegründete,
adieu zu sagen, ist eigentlich nicht das Problem. Es kommt vor, dass
Politiker irgendwann müde werden, für ihre Position gegen eine
Mehrheit zu streiten. Aber müde ist Kaufmann nicht - sie geht zur
Konkurrenz, die die Beute entsprechend feiert. Mit politischem Stil,
der ihr bei manchem LINKEN so sehr fehlte, hat freilich auch das
wenig zu tun. Und auch nicht mit politischen Prinzipien. Denn war es
nicht Kaufmann, die dereinst in Tränen ausbrach, weil ein
Linken-Parteitag im fernen Münster beinahe Blauhelm-Einsätzen der UNO
das Wort geredet hatte? Ob auf die SPD nunmehr in schöner
Regelmäßigkeit feuchte Zeiten zukommen, oder sich eben nicht nur die
LINKE, sondern auch Sylvia Yvonne Kaufmann inzwischen verdammt
geändert haben, wird sich zeigen. Und auch, ob all jene, die
regelmäßig in der Linkspartei ihre Scharmützel austragen, die
Widersprüche unterschiedlicher Ansätze auszuhalten lernen.

Originaltext: Neues Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59019
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59019.rss2

Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion / CvD

Telefon: 030/2978-1721


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