Rheinische Post: Lehren aus Winnenden   Kommentar Von Sven Gösmann
Geschrieben am 12-03-2009 |   
 
    Düsseldorf (ots) - Amok, das Wort stammt aus dem Malaiischen,  meint das Töten im Zustand der Raserei. Insofern beschreibt der  Begriff Amoklauf das Ereignis von Winnenden unzureichend. Der  Todesschütze handelte kaltblütig, er war kein Berserker, sondern ein  kalkuliert Tötender. Der erste, geplante Teil seiner Tat war  Vorbildern aus Amerika und Erfurt nachempfunden, das Vorgehen vor dem Computerbildschirm geübt  mit so genannten Spielen der Kategorie  "Ego-shooter". Das ist kein zufälliger Genre-Titel. Es handelt sich  um Computersimulationen der gezielten Tötung von Menschen durch den  einsamen, zum Helden stilisierten Rächer vor dem Bildschirm.  Irgendwann, wie in Winnenden, Erfurt oder Emsdetten, sind die  hunderte Kugeln, die einer abfeuert, nicht mehr virtuell. Sie töten,  sie schlagen eine Schneise psychischer Verwüstung in das Leben  Tausender. Der Satz, mit dem wir die Folgen von Tod und Terror seit  dem 11. September beschreiben, lautet nicht umsonst: Nichts wird mehr so sein, wie es war. Dieses Mal gilt der Satz für Winnenden. Der  depressive Junge mit der verheerend nachlässig verwahrten Waffe  seines Vaters in der Hand hat eine ganze Gegend zur Geisel von Angst  und Albträumen gemacht. Nun wird viel diskutiert  über die Ursache  dieser Katastrophe, auch über gesetzliche Maßnahmen, die eine solche  Tat verhindern helfen könnten. Das Waffenrecht wurde bereits  verschärft, die Polizeitaktik verbessert. Trotzdem gibt es  Ansatzpunkte. Warum werden die Computerprogramme, die derlei  psychische Störungen verstärken, nicht geächtet? Natürlich finden  Interessierte Mittel und Wege, an sie zu gelangen, aber ein Verbot  wäre ein Signal. Warum erlauben es Behörden, dass Eltern versagen und ihren therapiebedürftigen Jungen nicht weiter behandeln lassen? Warum gibt es kaum unangemeldete Besuche der Polizei in waffenstarrenden  Haushalten wie im Elternhaus des Todesschützen? Warum achten wir  nicht mehr auf die Anzeichen der Wohlstandsverwahrlosung, die auch im aktuellen Fall eine Rolle spielen? Die vermeintlich Unauffälligen  haben in unserer von Auffälligkeiten faszinierten Gesellschaft leider kaum eine Chance auf Beachtung. Dazu kommt ein über diesen Fall  hinausgehendes Phänomen: Die Hemmschwelle gegenüber der Anwendung von Gewalt in unserer Gesellschaft sinkt stetig. Mitschüler, Lehrer oder  wie jeden Samstag in der Düsseldorfer Altstadt zu beobachten   Polizeibeamte sehen sich kaum noch zügelbarer Aggression gerade  Jugendlicher ausgesetzt. Der Verlust von Werten und Respekt vor  Autoritäten, auch die schwindende Furcht vor Strafe in einer alles  verstehenden und erklärenden Gesellschaft finden in Amoktaten einen  furchtbaren Kulminationspunkt  dahinter steht aber auch eine  allgegenwärtige Verrohung. Es bleibt dabei: Wir mögen uns ohnmächtig  fühlen nach dieser Tat. Wir sind es nicht.
  Originaltext:         Rheinische Post Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2
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