(Registrieren)

WAZ: Der Eklat im Papstpalast - Welch ein geballtes Unvermögen - Leitartikel von Angelika Wölk

Geschrieben am 29-01-2009

Essen (ots) - Was da gerade in Rom, in den altehrwürdigen Mauern
des Papstpalastes passiert ist, das ist mehr als ein schwerer
Betriebsunfall. Mit der Aufhebung der Exkommunikation von vier
traditionalistischen Bischöfen, von denen einer den Holocaust
leugnet, hat der höchste Repräsentant der katholischen Kirche ein
höchst weltliches Politikum ausgelöst. Das Verhältnis zu den Juden
ist schwer belastet. Die entscheidende Frage lautet: Was hat der
Papst gewusst?

Gestern, fast eine Woche nach dem Eklat, äußerte sich der
Kurienkardinal, der die Aufhebung federführend betrieb. Dario
Castrillon Hoyos beteuerte, dass er "bis zum letzten Moment des
Dialogs" nichts "von diesem Williamson" gewusst habe. Eine
schwerwiegende, folgenschwere Aussage.

Wie kann es sein, dass der Heilige Stuhl, eine der am besten,
personell hervorragend ausgestatteten Einrichtungen, nicht wusste,
was er sich da einhandelt? Wenn es darum geht, geheime Informationen
aus dem entlegensten Winkel der Welt zu erhalten, dann rühmt sich der
Vatikan nicht zu Unrecht, bessere Zugänge zu haben, als die meisten
Geheimdienste dieser Welt. Auch wegen dieser Kenntnisse reißen sich
Staatsmänner geradezu darum, vor wichtigen Missionen den Rat des
Vatikan einzuholen. Und eben dieser Vatikan wusste nichts "von diesem
Williamson"? Welch ein Versagen. Welch ein geballtes Unvermögen.

Um die aufgeworfene Frage zu beantworten: Der Papst hat, wenn man
Hoyos' Aussage akzeptiert, nicht gewusst, was er tat. Aber weiß er
auch nicht, was in seiner Kurie passiert? Es wäre fatal.

Trotz all der Versäumnisse bleibt anzuerkennen, dass Benedikt
sich gegenüber den Juden sensibel zu erklären versuchte. Doch das
wird nicht reichen. Benedikt muss von Williamson eine öffentliche
Entschuldigung verlangen. Wenigstens das.

An anderer Stelle aber hat Benedikt gewusst, was er tat. Er hat
Bischöfe, die Grundsätze des Zweiten Vatikanischen Konzils, zentrale
Inhalte der kirchlichen Lehre, ablehnen, zurückgeholt. Ohne
Vorbedingung. Jetzt appelliert er, sie mögen das Konzil mit dem
Bekenntnis zur Religionsfreiheit und Versöhnung der Juden anerkennen.
Das hätte er vorher einfordern müssen.

Dabei plagen die Kirche momentan ganz andere Sorgen. Würde der
Vatikan nur halb so viel Energie für die Probleme von heute
aufwenden, wie für diese Traditionalisten von gestern, es ginge ihr
vermutlich besser.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

183517

weitere Artikel:
  • Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Arbeitsmarkt Köln (ots) - Kein Grund zum Jammern MARKUS GRABITZ, Berlin, zur Arbeitslosenstatistik Einstweilen sind die kuscheli gen Zeiten am deutschen Ar beitsmarkt vorbei. Der kräftige Anstieg bei der Zahl der Jobsu chenden kann niemanden überraschen. Die Auftragslage in vielen Branchen ist seit Mo naten dramatisch eingebro chen, das kann auf Dauer nicht spurlos an der Jobstatistik vo rübergehen - wobei der deut sche Arbeitsmarkt im Vergleich zu dem anderer Länder sehr viel später auf den konjunktu rellen Einbruch reagiert hat. Dafür gibt mehr...

  • Westfalenpost: Der Mensch entscheidet Hagen (ots) - Datensammlung auf der Autobahn Von Susanne Schlenga Die Diskussion über die radargestützten Abschnittskontrollen auf Autobahnen wird in zwei Lagern geführt. Da gibt es Menschen, die sich über Abzocke aufregen und sich als Autofahrer hintergangen fühlen. (Diesen kann man entgegen halten, dass korrekte Fahrweise sie vor Nachteilen schützt.) Darüber hinaus fürchten Menschen aber, dass diese weitere technische Möglichkeit, Daten zu sammeln, sie in ihrer persönlichen Freiheit beschneidet. Dagegen stehen die Experten, die den Nutzen mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zum Thema Kirche Ulm (ots) - Es ist mehr als nur ein "Betriebsunfall". Papst Benedikt XVI. hat vier Bischöfe der ultra-konservativen Pius-Bruderschaft rehabilitiert und der Weltkirche damit großen Schaden zugefügt. Bei dem Vorgang geht es nicht allein um die Wiedereingliederung eines erwiesenen Holocaust-Leugners. Es geht um den Kurs der Kirche insgesamt. Der deutsche Pontifex löst zunehmend Verunsicherung und Verstörung aus - unter Juden und Muslimen, aber auch unter den 1,1 Milliarden Katholiken. Was treibt den Papst zu solch einem Entgegenkommen? Und mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu China Halle (ots) - Offensichtlich ist Chinas Regierung bereit, seinen Teil zur Bewältigung der internationalen Krise zu leisten. Mit seinen ungeheuren Devisenreserven von rund zwei Billionen Dollar soll nicht nur die Binnennachfrage angekurbelt, sondern auch im Ausland eingekauft werden. Vielerorts wird man darüber dankbar sein. Politisch erweist sich China damit als berechenbar. Wer die chinesischen Prioritäten kennt, weiß sehr genau, womit er zu rechnen hat. Das macht das Land zu einem wichtigen Partner in internationalen Fragen. Es ist mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Auswärtiges Amt: Visadatei schiebt organisierter Kriminalität einen Riegel vor Köln (ots) - Das Auswärtige Amt hat die Einigung auf die Einführung einer Visa-Datei begrüßt. Der Sprecher des Ministeriums Jens Plötner sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagausgabe): "Wir sind erleichtert, dass es nach langen und schwierigen Verhandlungen gelungen ist, einen einvernehmlichen Gesetzes-vorschlag zu erarbeiten." Er bezeichnete die jetzige Regelung als "pragmatisch" und an den Bedürfnissen der Visastellen im Ausland orientiert. Plötner fügte hinzu: "Sie vereint sowohl die Belange des Datenschutzes als auch die Sicherheits-interessen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht