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Börsen-Zeitung: Böses Erwachen, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 16-01-2009

Frankfurt (ots) - Wie rasch sich die Einschätzungen der Analysten
doch ändern. Noch im Dezember hatte es geheißen, an den Aktienmärkten
seien die Auswirkungen der Krise und der Rezession im Grunde schon
weitestgehend verarbeitet. Vor allem sei im Bankensektor im Rahmen
der mittlerweile schon seit mehr als einem Jahr andauernden Krise das
Schlimmste schon vorüber.

Dasselbe gelte für den Aktienmarkt: Nach dem Annus Horribilis 2008
sei zwar denkbar, dass die Dividendentitel im ersten Halbjahr 2009
noch etwas weiter nachgeben, was aber als Übertreibung anzusehen sei.
Der sich für 2010 abzeichnende konjunkturelle Aufschwung werde dann
in der zweiten Jahreshälfte für bessere Stimmung bei den Anlegern
sorgen.

Wie es scheint, haben sich diese optimistischen, meist von
Sell-Side-Analysten vorgetragenen Perspektiven durch die jüngsten
Ereignisse erledigt: Die Deutsche Bank erlitt einen Verlust von fast
5 Mrd. Euro im Quartal, bei der Citigroup sind es mehr als 8 Mrd.
Dollar. Der einstige 800-Pfund-Gorilla des amerikanischen
Finanzsektors wird darüber hinaus in zwei Teile zerlegt, was als
Eingeständnis des Scheiterns der Konzernführung aufgefasst werden
darf. Die vor der Übernahme durch die Bank of America stehende
Merrill Lynch kommt auf ein horrendes Minus von mehr als 15Mrd.
Dollar, und die Bank of America selbst steuert weitere 2Mrd. Dollar
bei. Die britische Großbank HSBC braucht womöglich bis zu 20 Mrd.
Dollar an frischem Kapital. Und in Irland muss die drittgrößte Bank
komplett verstaatlicht werden.

Wenig Gutes verheißen auch die Konjunkturdaten, was derzeit am
klarsten an den japanischen Zahlen abzulesen ist. Um nicht weniger
als 17% sackte die dort stark exportorientierte Industrieproduktion
im November in sich zusammen. Nicht nur die Absatzmärkte USA und
Europa sind schwach, auch das übrige Asien scheint inzwischen von der
ausufernden Krise voll getroffen zu sein. In den USA rutscht der
private Häusermarkt immer weiter ab. Und die Internationale
Energieagentur IEA sagt voraus, dass der weltweite Ölverbrauch 2009
im zweiten Jahr in Folge zurückgehen wird. Zuletzt hatte es ein
solches Ereignis vor 26 Jahren gegeben.

Auch in Deutschland sieht es nicht besser aus. Für das vierte
Quartal des vergangenen Jahres sagen die Ökonomen von Unicredit ein
Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorquartal um
annualisiert rund 6% voraus.

Auch wenn es die deutschen Anleger am Freitag noch vorgezogen
haben, die sich weiter verdüsternden Aussichten zu ignorieren: Es
sieht danach aus, dass es an den Aktienmärkten weiter abwärts gehen
wird. Dazu trägt vor allem bei, dass die Quartalssaison in den USA
wie auch in Europa noch zahlreiche unangenehme Überraschungen mit
sich bringen dürfte. Die Analystenschätzungen der Unternehmensgewinne
sind jedenfalls noch deutlich zu hoch. In der Folge ist damit zu
rechnen, dass der deutsche Leitindex ausgehend von seiner derzeitigen
Position bei 4366 Punkten in nächster Zeit eher die Marke von 4000
als diejenige von 5000 ins Visier nehmen wird. Der deutsche Leitindex
dürfte also die Tiefs des vergangenen Jahres antesten. Die Anleger
wiegen sich bislang noch in trügerischer Sicherheit, wie am
Tagesgewinn des Dax vom Freitag abzulesen ist. Aller Voraussicht nach
wird es für sie ein böses Erwachen geben.

Gestützt wird dieses Negativszenario auch durch die Charttechnik.
Wie die Analysten von HSBC Trinkaus anmerken, ist der Abschluss einer
großen Bodenbildung bei 5050 Punkten fehlgeschlagen. Damit habe der
Dax weiteres Porzellan zerschlagen. Die diversen Tiefpunkte des
vierten Quartals 2008 bei rund 4300 Zählern bildeten die letzte
Bastion auf dem Weg zu den Niedrigständen von 2008 bei rund 4000
Punkten.

Als anfällig erscheint auch der amerikanische Aktienmarkt. Der Dow
Jones hat zuletzt die Marke von 8000 Punkten kurzzeitig angetestet,
sich im weiteren Tagesverlauf und im frühen Handel aber zeitweise
wieder über 8300 Punkte gerettet. Marktbeobachter halten es für
wahrscheinlich, dass auch hier die Tiefstände des vergangenen Jahres
bei 7500 Punkten angetestet werden.

(Börsen-Zeitung, 17.1.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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