(Registrieren)

WAZ: Suche nach NS-Verbrechern - Es kann nichts vergessen werden - Leitartikel von Gudrun Norbisrath

Geschrieben am 04-12-2008

Essen (ots) - Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal
vergangen. Wir Deutschen wissen das, und leiden darunter. Die Einen,
weil sie persönlich und qualvoll die Schuld empfinden, die auf
unserer Nation lastet. Die Anderen, weil sie sich nicht lösen wollen
von der fatalen Hoffnung, es müsse endlich alles vergeben oder
wenigstens vergessen werden. Doch das ist unmöglich.

Ein alter Mann wird spät, am nahen Ende seines Lebens,
beschuldigt: Er sei an einem Massaker an 60 jüdischen Zwangsarbeitern
beteiligt gewesen. Ein furchtbarer Vorwurf; wenn er sich als wahr
erweist, kann der Mann verurteilt werden. Es würde bedeuten:
lebenslänglich.

Die Hinrichtung geschah vor 63 Jahren. Der Mann war 26; kein
halbes Kind mehr. Trotzdem lässt Menschlichkeit zögern, auf harter
Strafverfolgung zu beharren. Der Mann hat sein Leben fast zu Ende
gelebt, vielleicht ist er ein guter Vater, ein freundlicher Nachbar.
Die Welt würde nicht besser, keiner kehrte ins Leben zurück, wenn er
seines in Haft beenden müsste.

Menschlichkeit ist ein guter Ratgeber. Es ist aber keine
unversöhnliche Rachsucht, die ein unnachgiebiges Urteil gebietet,
sondern Vernunft. Die Verbrechen des Nationalsozialismus' sind
unvergleichlich, für alle Zeiten bleiben sie mit uns, mit Deutschland
verbunden. Deshalb - nicht, um starren Gesetzen zu genügen - müssen
diese Taten verfolgt werden, solange es überlebende Täter gibt. Und:
In einem Deutschland, in dem es unfassbarer Weise Neonazis gibt,
müssen die Strafen gegen alte Nazis so hart sein, wie das Gesetz es
vorsieht.

Denn, doch: Es wird etwas besser, wenn die monströsen
Grausamkeiten der Vergangenheit verfolgt werden bis heute, bis
morgen. Wenn schon die Reue des Einzelnen nicht eingefordert werden
kann, muss der Staat sich eindeutig zum Kampf gegen die
nationalsozialistische Ideologie und ihre Taten bekennen. Alles
andere wäre unerträglich.

Es geht um nicht weniger als um ein Prinzip: das Prinzip der
Freiheit und der Demokratie. Deshalb ist es nachrangig, ob einer oder
100 getötet wurden. Obwohl die Menschlichkeit nun umgekehrt
argumentieren könnte: mit der besonderen Brutalität eines Massakers.
Das Prinzip verlangt Abscheu vor jeder Tat und ihre unnachsichtige
Verfolgung. Dem müssen wir uns stellen.

Die Vergangenheit kann man nicht bewältigen. Sie erreicht uns,
und reicht bis in die Zukunft.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

174870

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische: Konjunkturpaket Bielefeld (ots) - Es wäre nicht verkehrt, wenn sich die Politik doch möglichst bald an eine Steuersenkung heranwagen würde. Dass der Fiskus bei Lohn-und Gehaltserhöhungen besonders stark zuschlägt, ist ja nun keine Einbildung, sondern tatsächlich ein besonderes Ärgernis. Deshalb besitzt der Ruf nach Abschaffung der kalten Progression durchaus einigen Charme. Das könnte den Konsum auch längerfristig beleben. Nur müssten sich CDU, CSU und die SPD darauf einigen. Und das erscheint selbst in Krisenzeiten so unwahrscheinlich wie ein Wunder. mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zum Thema Niedriglöhne Ulm (ots) - Leistung muss sich lohnen. Wie Hohn dürfte dieser Satz, den vor allem Verfechter von Marktradikalismus und Sozialabbau im Munde führen, für hunderttausende Arbeitnehmer klingen. Weil sie mit Hungerlöhnen abgespeist werden, müssen immer mehr Menschen den Staat um einen Zuschuss bitten - wie jämmerlich. Dass die Zahl der Aufstocker ausgerechnet in der zurückliegenden Phase des Aufschwungs gestiegen ist, lässt tief blicken: Selbst in guten Zeiten lässt sich manches Unternehmen gern vom Steuerzahler päppeln, indem es seinen Beschäftigten mehr...

  • WAZ: Entschädigung für "Spritfresser" - Normverbrauch am Ende - Leitartikel von Gerd Heidecke Essen (ots) - Die Stuttgarter Oberlandesrichter haben allen Autobauern zu Nikolaus Bitterschokolade auf den Teller gelegt. Im konkreten Fall geben weniger als zehn Prozent Abweichung vom papiernen Normverbrauchswert Autokäufern neue Rechte. Auch wenn weiterhin jeder Einzelfall im Labor geprüft werden muss, hat man eher Anspruch auf Entschädigung und Übernahme der hohen Gutachterkosten. Bislang versuchten die Anwälte oft, Verfahren mit Schweigegeldzahlungen zu ersticken. Die Automobilhersteller fürchten nämlich die Diskussion um den Unsinn mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Konsumgutscheinen Halle (ots) - Besonders heiß wird über die sogenannten Konsumgutscheine von 500 Euro für jeden Bürger diskutiert. Dies liegt nicht nur daran, dass sich diese medial gut verkaufen lassen. Das Weihnachtsshopping auf Staatskosten hätte auch einen unmittelbaren Effekt, der die Wirtschaft in der Tat kurzfristig ankurbeln würde. Dennoch bleibt der kollektive Jubelschrei in der Bevölkerung aus. Denn die Menschen wissen aus ihrem Alltag sehr genau, dass einmalige Finanzspritzen in ihrer Wirkung sehr begrenzt sind. Noch dazu, wenn sie auf Pump mehr...

  • LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Konjunktur/Verkehr Leipzig (ots) - Endlich hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee wieder etwas zu lachen. Vor wenigen Wochen stand er noch vor dem Rücktritt, nun darf er wieder, was er am besten kann: Medienwirksam strahlen und frohe Botschaften unters Volk bringen. Zwar hat das Volk die guten Nachrichten nicht dem Hause Tiefensee, sondern dem Konjunkturpaket der Bundesregierung zu verdanken. Den Strahlemann hindert das trotzdem nicht daran, den überfälligen Ausbau von Straßen- und Schienenverbindungen als sein persönliches Arbeitsplatzprogramm zu mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht