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Berliner Morgenpost: Linkes Aufmucken vor dem Superwahljahr - Kommentar zum Streit in der Berliner rot-roten Koalition um die Erbschaftsteuerreform

Geschrieben am 03-12-2008

Berlin (ots) - In der Berliner SPD hat man in diesen Tagen ein
Déja-vu: Nicht schon wieder, hört man aus Parteikreisen. Der
Koalitionspartner, die Linke, hat am Wochenende einen Parteitag - und
prompt einen neuen Streit angezettelt. Die Linkspartei will dem
Erbschaftsteuer-Kompromiss nicht zustimmen. Sie will die Erben von
Betrieben und größeren Vermögen stärker belasten. Berlin müsste sich
laut Koalitionsvertrag dann bei der Abstimmung im Bundesrat
enthalten. Bei nur einer Stimme Mehrheit für CDU und SPD, die den
Kompromiss ausgehandelt hatten, wird die Reform insgesamt eine
wackelige Angelegenheit für die große Koalition.
Der Berliner SPD kommt die Verweigerungshaltung der Linken bekannt
vor. Als der Europa-Vertrag von Lissabon im Bundesrat zur Abstimmung
und auch ein Parteitag anstanden, führte die kleinere Linke die
stärkere SPD am Nasenring über die politische Bühne. Ausgerechnet die
deutsche Hauptstadt enthielt sich als einziges Bundesland. Der
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat dieses Aufmucken
seines Koalitionspartners und die damit verbundene öffentliche
Demütigung nicht vergessen.
Im neuerlichen Verweigerungsfall stehen die Dinge aber etwas anders.
Die Erbschaftsteuerreform hat für die Linkspartei keinen so hohen
symbolischen Stellenwert wie der Europa-Vertrag. Auch wenn sich das
Thema wunderbar für die Profilierung im eigenen Wählerklientel der zu
kurz Gekommenen und Benachteiligten eignet: hier die Reichen, die
dank des Erbschaftskompromisses reich bleiben dürfen; da die Armen,
denen wegen der geringeren Einnahmen staatliche Wohltaten verweigert
werden müssen. Dabei vergisst die Linke, dass das Vermögen, das
vererbt wird, ohnehin in der Regel schon mehrmals versteuert wurde.
Auch in der strukturell linken Berliner SPD halten viele den
Kompromiss zur Erbschaftsteuer nicht für überzeugend. Aber da bis
Jahresende wegen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine
Reform her muss, zeigen sich die Sozialdemokraten für die anstehende
Bundesratssitzung staatstragend und erwarten, dass der
Koalitionspartner doch noch zustimmen wird. Denn sonst würde die
Hauptstadt wegen des gerichtlich erzwungenen Wegfalls der
Erbschaftssteuer ab 2009 pro Jahr 240 Millionen Euro verlieren. Für
ein symbolisches Nein will wohl niemand in der Linkspartei einen so
hohen Preis zahlen.
Das störrische Verhalten des Koalitionspartners zeigt, dass der
Vorwahlkampf für das Superwahljahr 2009 begonnen hat. In den nächsten
Monaten wird sich die Linke vor der Bundestags- und den
Landtagswahlkämpfen auf Kosten der SPD profilieren. Man muss aber
kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass die rot-rote Koalition
auch diese Belastungen aushalten wird. Denn für Wowereit und Co. geht
es um die politische Zukunft: Berlin als linkes Musterland - für
neue, rot-rot-grüne Koalitionsüberlegungen auf Bundesebene nach 2009.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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