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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 26. November 2008 Wolfgang Clements Austritt aus der SPD:

Geschrieben am 25-11-2008

Bremen (ots) - Voller Widersprüche
von Joerg Helge Wagner
"Das hätte er schon eher machen sollen!" warf ihm der Vorsitzende des
Ortsvereins Bochum-Hamme noch hinterher. Stimmt: Anlässe, die
zerrüttete 38jährige Beziehung zwischen Wolfgang Clement und der SPD
zu beenden, gab es genug. Nun, nachdem sich Clement für die ihm
ausgesprochene Rüge mit einem öffentlichen Rüffel Richtung
Bundesschiedskommission - ausgerechnet im "Handelsblatt" -
revanchiert hat, war es unvermeidlich.
Das Parteibuch zurückgeben, aber "Sozialdemokrat" bleiben will
Clement. Was aber macht einen Sozialdemokraten heute aus? Unbedingte
Distanz zur Linkspartei auf allen Ebenen, Eintreten für Atom- und
Kohlekraftwerke, Verteidigung der Agenda 2010, Votum für weniger
Kündigungsschutz und mehr Zeitarbeit, aber gegen Mindestlöhne? Das
alles macht zumindest Wolfgang Clement aus. In der SPD aber hat keine
einzige dieser Positionen die Chance, auch nur eine hauchdünne
Mehrheit zu finden.
Das ist nicht erst so, seitdem mit Andrea Ypsilantis hessischem
Wahlprogramm der Linksruck offenbar wurde. Der Atomausstieg etwa, den
Clement jetzt als "De-Industrialisierung" geißelt, wurde von einer
SPD-geführten Koalition beschlossen - in der eben jener Clement
"Superminister" für Wirtschaft und Arbeit war. Gemessen an seinen
heutigen Positionen hätte er diesen Job unter einem grünen
Vize-Kanzler nie annehmen dürfen.
Dass Clement in der großen Koalition, die ihm viel mehr passt, nicht
am Kabinettstisch sitzt, hat kein anderer als der amtierende SPD-Chef
Müntefering betrieben. Nein, Clement steht nicht bloß für Starrsinn
und Egomanie eines alternden Spitzenpolitikers - er steht für alle
Widersprüche der SPD. Was für eine große Ironie, dass ihn
ausgerechnet im Bundesland von Kohle und Stahl die Parteigliederungen
rausschmeißen wollten - weil er zu offensiv eine Politik von Kohle
und Stahl vertreten hat, auch gegen den Zeitgeist in den eigenen
Reihen.
Man darf gespannt sein, welche Konsequenzen die Troika
Müntefering-Steinmeier-Steinbrück, allesamt ausgewiesene Reformer,
aus dem Drama zieht. Da sie Clement unbedingt halten wollten, teilen
sie offenbar seine an der Basis ziemlich unpopulären Ansichten. Eine
Befriedung ist fern, die Partei bleibt im Spannungsfeld. Dort zerren
nun zwei gleich starke Magneten an ihr und drohen sie zu spalten:
Clement rechts und Lafontaine links.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@btag.info


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