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Berliner Morgenpost: Ein Minister dem Abstellgleis

Geschrieben am 31-10-2008

Berlin (ots) - Er kam als Hoffnungsträger aus Leipzig nach Berlin.
Doch nach nur drei Jahren hat sich Bundesverkehrsminister Wolfgang
Tiefensee (SPD) als im Amt überfordert erwiesen. Erst die misslungene
Privatisierung der Flugsicherung, dann das endgültige "Aus" für den
Transrapid in Deutschland und nun eine weitere grobe Fehlleistung im
Zusammenhang mit der ohnehin wiederholt verschobenen
Teilprivatisierung der Bahn. Der Minister hat öffentlich die
Unwahrheit gesagt. Wider besseren Wissens hatte er am Mittwoch seinen
beamteten Staatssekretär und Mitglied im Bahn- Aufsichtsrat, Matthias
von Randow, mit der Begründung entlassen, dieser habe ihn erst Mitte
Oktober über die jetzt bekannt gewordenen erhöhten Gehalts- und
Boni-Zahlungen für den DB-Vorstand informiert. Tatsächlich ist dies
bereits im September geschehen, wie er jetzt kleinlaut einräumen
musste. Neben der Lüge ist das ein weiteres Versagen in gleich
doppelter Hinsicht.
Erstens ist Tiefensee schlecht informiert über Entwicklung und
Details der zunehmend auch in seiner Partei umstrittenen
Bahnprivatisierung. Die ist zwar wegen der globalen Finanzkrise
vorerst verschoben worden, bleibt aber das politisch wichtigste und
zugleich heikelste Projekt in Tiefensees Amtszeit. Der Minister hat
also immer auf Ballhöhe zu sein. Zweitens wollte er sich mit der
Entlassung seines höchsten Beamten offenbar populistisch gemein
machen mit der öffentlichen Empörung über vermeintlich allzu gierige
Manager auch beim Staatsunternehmen Bahn. Das ist menschlich wie
politisch unanständig. Nach der Oberbürgermeister-Karriere sollte nun
die des Bundesministers ein vorzeitiges Ende finden.
Das aber ist nur ein Strang der neuesten Bahn-Affäre. Der andere
betrifft den Vorstand und dessen großzügige Aufbesserung von Gehalt
und Erfolgsprämien. Vorab garantierte Boni-Zahlungen für Manager,
deren Unternehmen seit Wochen nur Negativ-Schlagzeilen liefern, über
die sich immer mehr Kunden empören und deren zentrales Geschäftsziel,
die Teilprivatisierung, derzeit gar nicht zu realisieren ist? Gewiss,
als der Aufsichtsrat mit Zustimmung auch des Gewerkschaftsvertreters
der DB-Spitze die "Möhrchen", wie Bahnchef Mehdorn die beträchtlichen
zusätzlichen Einkommensteile zu nennen beliebt, im Juni aufs Tablett
legte, war die Bahn noch gut unterwegs und die Privatisierung
aktuell. Aber die Geschäftsgrundlage hat sich völlig verändert.
Aktienrechtlich mag alles seine Ordnung haben. Dennoch sollten etwas
sensiblere Manager reagieren - wenn richtig bleibt, dass sich
Entlohnung an Leistung orientieren soll. Das hat auch in diesem Fall
nichts mit Neid zu tun. Bahnchef Hartmut Mehdorn selbst hat ziemlich
anmaßend die Zusatz-Fütterung mit "Möhrchen" damit begründet, dass
die Manager noch ein bisschen mehr angespornt werden sollen, die
Bahnaktien möglichst teuer zu verkaufen. Auch wenn sie mit der
Privatisierung eigentlich nur ihre Pflicht tun, sei dem Mehdorn-Team
angesichts der üblich gewordenen Usancen ein ordentlicher
Gehaltszuschlag gegönnt. Aber bitte erst dann, wenn sie einen
erfolgreichen Abschluss vermelden können. Bis dahin sollten sie
freiwillig auf die Lock-"Möhrchen" verzichten. Satt werden sie auch
ohne sie.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
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Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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