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RNZ: Die neue Zeit? Ein Kommentar zur Lage der SPD nach dem Sonderparteitag

Geschrieben am 19-10-2008

Heidelberg (ots) - Von Manfred Fritz
Eines kann die SPD, die Partei mit der längsten Krisenerfahrung,
immer noch: Sich aufrappeln und die Beseitigung der Kollateralschäden
als furiosen Neubeginn verkaufen. Sie ist nach Lage der Dinge mit
Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering derzeit bestmöglich neu
aufgestellt. Ein Aufatmen über das Ende der kurzen Blei-Zeit unter
Kurt Beck, mit ihren fallenden politischen Kursen, geht durch die
Partei. Und ihr kommt sogar die globale Finanzkrise als Auftrag zu
einer notwendigen Stärkung des Politischen gegenüber dem
zerstörerischen "Spiel" der ungezügelten Finanzmärkte weit entgegen.
Denn die Menschen erwarten von der Politik Antworten, die zwischen
einem Marktradikalismus, der sich zu Tode gesiegt hat, und einer
sozialistischen Staatsgläubigkeit liegen, die von der
Lebenswirklichkeit so weit entfernt ist wie der Mond von der Erde.
In dieser Lücke gedenkt sich die SPD mit ihrem deutlich formulierten
Machtanspruch einzurichten. Sie empfiehlt sich als die Kraft, die
nicht nur neue Verkehrsregeln für die Finanzmärkte definiert, sondern
darüber hinaus neue Regeln des Miteinanders in der Gesellschaft
aufstellt, wie es Steinmeier und Müntefering einträchtig formuliert
haben. Niemand hätte eine solche Rückkehr zur politischen
Gestaltungsfreiheit vor einem halben Jahr auch nur zu denken gewagt.
Darin liegt, zweifellos, der sichtbare Erfolg dieses Neubeginns.
Personell und inhaltlich folgt die SPD dem alten Arbeiterlied, das
den Sonderparteitag beendete: "Wann wir schreiten Seit' an Seit'..."
Die Arbeitsteilung zwischen Steinmeier und Müntefering ist
unmissverständlich und vorderhand unproblematisch: Der
Kanzlerkandidat als Nummer eins - und auch als Architekt der Agenda
2010 - lädt zwar alle Flügel der Partei ein, macht aber inhaltlichen
Führungsanspruch deutlich. Er stellt das Bindeglied zur Politik von
Schmidt und Schröder her: Pragmatisches Handeln zu sittlichen
Zwecken. Damit umwirbt er die verlorenen Wähler der Mitte.
Müntefering ordnet sich dem hierarchisch unter und besorgt die
Revitalisierung der entmutigten Partei. Das programmatische Leitmotiv
bildet die letzte Zeile des oben genannten Liedes: "Mit uns zieht die
neue Zeit."
So wie sich die SPD in Berlin neu formierte, hat sie sich fürs Erste
auch dem hypnotisierenden Einfluss der Linkspartei entzogen. Aber das
setzt voraus, dass auch die zentrale Selbstbeschwörung über den
Sonderparteitag hinaus in den Wahlkampf hinein trägt: "Wir sind eine
SPD". Nur wenn den beiden Spitzengenossen das gelingt, wird es auch
für die Kanzlerin sehr eng. Denn sie ist im Moment die Ein-Frau-Show
der Union, ihre schwarz-gelbe Koalitions-Option ist noch längst keine
sichere Bank. Aber der in der Großen Koalition eingeschlafene
Parteien-Wettbewerb wird mit dieser SPD wieder spannend. Denn es ist
Zeit für neue politische Antworten.

Originaltext: Rhein-Neckar-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66730
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66730.rss2

Pressekontakt:
Rhein-Neckar-Zeitung
Manfred Fritz
Telefon: +49 (06221) 519-0


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