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RWE-Chef Jürgen Großmann übt Kritik am Standort Deutschland: "Unternehmerisches Handeln in Deutschland praktisch unmöglich"/ Ist-Zustand wird gern als Standard definiert, darf praktisch aber nichts ko

Geschrieben am 17-08-2008

Köln (ots) - 17. August 2008 - Ein knappes Jahr nachdem der
Unternehmer Jürgen Großmann den Vorstandsvorsitz des Essener
Energiekonzerns RWE AG übernommen hat, übt der Selfmade-Milliardär
harsche Kritik am Standort Deutschland. In einem Gastbeitrag für das
Kölner Wirtschaftsmagazin 'impulse' (Ausgabe 9/2008, EVT 21. August)
schreibt Großmann: "Wir aus der Energiewirtschaft erleben
stellvertretend für viele andere Branchen ein Klima der
Handlungsangst. Alles, was wir vorhaben, was wir planen, was wir
versuchen wollen, wird mit deutschem Perfektionsdrang blockiert.
Nicht von Gesetzen, sondern von den Herzen der Menschen. Es herrscht
ein emotionaler Konsens in dieser Gesellschaft, dass jegliches
Handeln meiner Branche Teufelswerk ist. Der Protest ist eine boomende
gesellschaftliche Ausdrucksform, ein Happening, das über alle
Schichten und Klassen hinweg Gemeinsamkeit stiftet. Das ist schön.
Aber es erleichtert das Führen von Unternehmen nicht, schon gar nicht
im Energie-Sektor. Morgen kann es eine andere Branche betreffen. Am
Ende bleibt: Unternehmerisches Handeln ist praktisch unmöglich."

Großmann, der seit der Rettung der einst maroden Georgsmarienhütte
als einer der erfolgreichsten Unternehmer in der Nachkriegsgeschichte
gilt, kämpft als Chef der RWE AG gegen zahlreiche externe wie interne
Widersacher. Sein bisheriges Fazit: "Es gab Zeiten in meinem Leben,
da habe ich tatsächlich an Ideale wie die Freiheit des Unternehmers
geglaubt. Seitdem es zu meinen Aufgaben gehört, langfristig Energie
zu erzeugen, bin ich recht ernüchtert. Denn Freiheit gilt wenig oder
nichts. Vielmehr halten wir fest am Ist-Zustand, am Standard. Das ist
der zentrale Begriff unserer Tage: Standard. Der Standard scheint
alle Risiken auszuschließen, er gibt Sicherheit. Standards müssen sie
als Unternehmer, als Politiker, als Professor unbedingt halten. Aber
er darf praktisch nichts kosten."

Seine Kritik richtet sich insbesondere gegen die Energiepolitik in
Bund und Ländern. Im 'impulse'-Beitrag kritisiert Großmann: "Uns
Energieversorgern wurde, gelegentlich auch durchaus zu Recht, über
Jahre hinweg vorgeworfen, wir seien unbeweglich und wollten nur
unsere alten Mühlen auspressen. Energie-Unternehmen, das waren die
Standardverwalter, die Besitzstandswahrer schlechthin. Nun wollen wir
uns bewegen, wir wollen Neues versuchen. Aber man lässt uns nicht.
Das ist ein kapitaler Fehler. Denn Neues kann nur entstehen, wenn man
eben diese Standards bisweilen aufgibt."

Wie weit die Blockade der Politik reiche, so Großmann weiter,
mache beispielsweise die Diskussion über einen ökonomisch sinnvollen
Energie-Mix deutlich: "Wir wollen günstigen Strom, eine hohe
Versorgungssicherheit und möglichst geringe CO2-Emissionen. Wenn wir
die gängigen Verfahren der Stromgewinnung auf diese drei Bedingungen
untersuchen, ergibt sich Folgendes: Die Kernkraft liefert günstigen,
sicheren Strom und belastet das Klima wenig. Aber Deutschland will
den Ausstieg. Die Braunkohle ist der einzige Rohstoff, den wir in
nennenswertem Umfang und zu günstigen Gewinnungskosten in Deutschland
besitzen. Strom daraus ist günstig und sicher. Aber die
Emissions-Bilanz ist nicht optimal. Manche sehen das Heil deshalb in
Gaskraftwerken. Erdgas aber ist wie Erdöl ein fossiler Brennstoff, es
ist mindestens genau so preissensibel und muss in großem Umfang
importiert werden. Bleiben Sonne, Wasser, Wind. Doch unser Netz ist
nicht auf die Schwankungen eingestellt, die ein unberechenbarer
Lieferant wie der Wind nun mal mit sich bringt. Neue Leitungen in
Deutschland? Leider sehr schwierig durchzusetzen."

Der Unternehmer appelliert an die Verantwortlichen in Berlin und
in den Bundesländern: "Was wir aber jetzt brauchen, ist der Mut für
Wege, deren Ende möglicherweise noch im Nebel liegt. Manche Lösungen
ergeben sich erst unterwegs."

Hinweis für Redaktionen: Der Wortlaut des Beitrags kann bei
presse@publikom.com abgefordert werden.

Originaltext: impulse, G+J Wirtschaftsmedien
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8327
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8327.rss2

Pressekontakt:
Gerd Kühlhorn, Chefredaktion 'impulse', Tel. 0221/4908-626, E-Mail:
kuehlhorn.gerd@impulse.de


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