 LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu DDR/Studie -
Geschrieben am 25-07-2008 |
Leipzig (ots) - Von Ellen Großhans. Soziales Paradies statt
Diktatur - so sehen vor allem viele ostdeutsche Jugendliche die DDR.
Der Ostalgie sei Dank haben sie statt Sachwissen meist Klischeebilder
im Kopf: Trabi fahren ist Kult, Spreewaldgurken sind lecker und die
T-Shirts mit DDR-Logo schauen trendy aus.
Die Erkenntnis, dass Jugendliche ein frappierend geringes Wissen über
den Arbeiter- und Bauernstaat haben, ist nicht neu. Jüngst warnte
Bundespräsident Köhler erneut vor einer Verklärung der SED-Diktatur.
Besonders traurig ist, dass es in den neuen Ländern an einer
ausführlichen Auseinandersetzung mit der deutschen Teilung und der
DDR-Geschichte mangelt. Gerade hier, wo die Lehrkräfte aus eigener
Erfahrung schöpfen können, wo sie die Gedenkstätten vor der Nase
haben, werden Stasi und SED im Unterricht stiefmütterlicher behandelt
als im Westen.
Die häufig vorgebrachte Verteidigung, das DDR-Bild im Osten werde von
der Familie geprägt, sollte keine Entschuldigung, sondern Ansporn an
die Pädagogen sein. Aufgabe der Schule ist es zu vermitteln, dass es
neben positiven Alltagserfahrungen ein perfides System der
Bespitzelung oder in Mauerdrähten hängende Todesopfer gab.
Die große Kunst besteht darin, die Jugendlichen für die Geschichte
des untergegangenes Staates zu interessieren. Diese Herausforderung
lässt sich aber nicht nur mit kostenfreiem Eintritt in Grenzmuseen
oder dem Zwang zum Besuch von Gedenkstätten lösen. An den Schulen ist
ein fächerübergreifender Ansatz nötig, der Zeitzeugen und externe
Experten mit einbezieht, Historie vor der eigenen Haustür erfahrbar
macht und der DDR- und bundesdeutsche Vergangenheit parallel
behandelt.
Knapp 20 Jahre nach der Wiedervereinigung steht dabei viel auf dem
Spiel. Nur wer die Geschichte und die gegenseitigen Lebenserfahrungen
kennt, ist zu gegenseitigem Verständnis und Verständigung bereit.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung
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