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Armutsgefährdung in Deutschland im europäischen Vergleich - Ergebnisse aus EU-SILC 2006

Geschrieben am 08-07-2008

Wiesbaden (ots) - Wie das Statistische Bundesamt (Destatis)
mitteilt, waren durchschnittlich 16% der Bevölkerung in der
Europäischen Union (EU) im Jahr 2005 armutsgefährdet, das sind drei
Prozentpunkte mehr als in Deutschland (13%).

In Luxemburg liegt der Schwellenwert für Armutsgefährdung für
allein Lebende bei 17 808 Euro pro Jahr und damit fast doppelt so
hoch wie in Deutschland (9 370 Euro pro Jahr). In den skandinavischen
EU-Mitgliedstaaten leben 35% (Dänemark), 30% (Schweden)
beziehungsweise 24% (Finnland) und damit überdurchschnittlich viele
der 18- bis 24-Jährigen unter der Armutsschwelle (in der EU: 20%; in
Deutschland: 15%). In den zehn neuen, am 1. Mai 2004 beigetretenen
Mitgliedstaaten ist nur jede/r zehnte (10%) Ruheständler/in
armutsgefährdet, in Deutschland dagegen etwa jede/r achte (13%) und
in der Europäischen Union fast jede/r sechste (16%).

Diese und viele weitere Daten sind zentrale Ergebnisse der
Statistik EU-SILC 2006, der neuen EU-weit vergleichbaren Datenquelle
über Armut und soziale Ausgrenzung. Die jährliche amtliche Erhebung,
die in Deutschland die offizielle Bezeichnung LEBEN IN EUROPA trägt,
ist die einzige nationale Datenquelle, die europäisch vergleichbare
Ergebnisse über Armut und Lebensbedingungen bereitstellt. Insgesamt
wurden für EU-SILC 2006 rund 200 000 private Haushalte in der
Europäischen Union befragt (darunter in Deutschland: 13 799). Die Art
der Durchführung der Erhebungen ist per EU-Verordnung geregelt,
basiert auf für alle Mitgliedstaaten verbindlichen europäischen
Methodenstandards und muss höchsten Qualitätsanforderungen genügen.
Referenzjahr für die Ermittlung der Armutsgefährdungsquote bei
EU-SILC ist jeweils das dem Erhebungsjahr vorausgegangene Jahr (hier:
2005).

Arbeitslosigkeit erhöht in ganz Europa das Risiko für
Armutsgefährdung. In Deutschland sind 43% der Arbeitslosen
armutsgefährdet (EU: 41%; Eurozone: 38%; zehn neue Mitgliedstaaten:
47%). Die erwerbstätige Bevölkerung Deutschlands ist im Vergleich zur
EU insgesamt weniger stark armutsgefährdet. So ist in Deutschland nur
jeder Zwanzigste (5%) ab 16 Jahren trotz Erwerbstätigkeit
armutsgefährdet, im EU-Durchschnitt jedoch rund jeder Dreizehnte
(8%), in der Eurozone etwa jeder Fünfzehnte (7%) und in den zehn
neuen Mitgliedstaaten etwa jeder Elfte (9%).

Vollzeitbeschäftigung mindert die Armutsgefährdung in Deutschland
um die Hälfte gegenüber Teilzeitbeschäftigung. So sind hierzulande 4%
der in Vollzeit Erwerbstätigen ab 16 Jahren armutsgefährdet, jedoch
8% der in Teilzeit Erwerbstätigen. Ähnlich ist es in der EU
(Vollzeit: 7%; Teilzeit: 11%) und in der Eurozone (Vollzeit: 7%;
Teilzeit: 10%). In den zehn neuen Mitgliedstaaten (Vollzeit: 8%;
Teilzeit: 19%) ist der Effekt gravierender.

Auch die Art des Arbeitsvertrags und des Bildungsabschlusses (nach
der Klassifikation ISCED 97; siehe Erläuterungen im Anhang) haben
Auswirkungen auf die Armutsgefährdung: So leben in Deutschland nur 4%
(EU: 4%) der mit einem Dauerarbeitsvertrag in Beschäftigung stehenden
Personen ab 16 Jahren in Armut (befristeter Vertrag: 11%; EU: 12%).
Auch unter den erwerbstätigen Personen ab 16 Jahren, die ihren
höchsten Bildungsabschluss im Tertiärbereich (Hoch- und
Fachhochschule, Promotion) erreicht haben, sind in Deutschland nur 4%
armutsgefährdet (EU: 3%). Dagegen sind 10% (EU: 14%), die ihren
höchsten Bildungsabschluss im Primärbereich und der Sekundarstufe I
(Haupt- und Realschule, gymnasiale Unterstufe) erworben haben,
armutsgefährdet.

Eine Vielzahl der aus EU-SILC abgeleiteten und für Zwecke der
europäischen Sozialpolitik benötigten europäischen Indikatoren kann
im Internetangebot des Statistischen Amtes der Europäischen
Gemeinschaften (Eurostat) kostenlos abgerufen werden.

Für weitere amtliche EU-Statistiken steht Ihnen unter
www.eds-destatis.de der EDS Europäischer Datenservice zur Verfügung.

Zusätzliche Tabellen bietet die Online-Fassung dieser
Pressemitteilung unter www.destatis.de.

Weitere Auskünfte gibt:
Zweigstelle Bonn,
Silvia Deckl,
Telefon: (01888) 644-8697,
E-Mail: private-haushalte@destatis.de

Erläuterung zur Berechnung der Armutsgefährdungsquote aus EU-SILC

EU-SILC (englisch: Community Statistics on Income and Living
Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen,
Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in
allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische
Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und
Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland mit
LEBEN IN EUROPA bezeichnet.

Ein Kernindikator, der aus LEBEN IN EUROPA ermittelt wird, ist die
Armutsgefährdungsquote. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der
armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Zur
Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird zunächst das von allen
Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des
Vorjahres herangezogen (bei LEBEN IN EUROPA 2006 bezieht sich das
Haushaltseinkommen auf das Jahr 2005). Es setzt sich zusammen aus dem
Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit,
dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen
laufenden Transfers - wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Sozialhilfe
oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge sind abgezogen.
Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des Haushalts nach
einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt, der
unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den
Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben
Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen.

Die Äquivalenzskala weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu.
Die erste erwachsene Person bekommt stets das Gewicht 1. Jede weitere
Person erhält ein Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs
berücksichtigen soll, der durch diese Person entsteht: Weitere
Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder
unter 14 Jahren das Gewicht 0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit
zwei Kindern beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1. Das verfügbare
Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der Gewichte dividiert.
Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als "bedarfsgewichtetes
Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person im Haushalt als
persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben. Zu beachten ist, dass
es sich beim Äquivalenzeinkommen um eine fiktive Rechengröße handelt.

Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median
(Zentralwert) verwendet. Dabei werden die Personen ihrem
Äquivalenzeinkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der
Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei
Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere
weniger Einkommen zur Verfügung. 60% dieses Medianwertes stellen die
Armutsgefährdungsgrenze dar.

Erläuterung zur Klassifikation des Bildungsabschlusses nach ISCED
97

Vorschule, Primärbereich und Sekundarstufe I (ISCED 97 Ebenen 0,
1, 2)

Ebene 0: Umfasst die Vorschulische Erziehung. Dazu gehören
Kindergarten und Vorschule.

Ebene 1: Die Grundbildung beginnt mit Beginn der
Unterrichts-/Schulpflicht. Dazu gehört die Grundschule.

Ebene 2: Sekundarbildung Unterstufe. Grundausbildung, die bis an
das Ende der Schulpflicht geht. Dazu gehören Haupt- und Realschule
und die gymnasiale Unterstufe.

Sekundarstufe II und Post-Sekundarbereich (ISCED 97 Ebenen 3, 4)

Ebene 3: Die Sekundarbildung Oberstufe dient der Allgemein- oder
Berufsbildung. Ein Abschluss bedeutet Berechtigungen zum Arbeiten in
einem bestimmten Berufsfeld und/oder zum Besuch einer höheren Schule.
Dazu gehören Ausbildungen der dualen Berufsausbildung und der
Berufsfachschulen sowie die gymnasiale Oberstufe.

Ebene 4: Postsekundäre Bildung nach Abschluss der Sekundarbildung,
die aber nicht dem tertiären Bereich zuzuordnen ist. Einbezogen sind:
Abendgymnasien, Kollegs, Fachoberschulen, Berufs-/Technische
Oberschulen, Kombinationen aus allgemeinbildenden und berufsbildenden
Programmen.

Tertiärbereich (ISCED 97 Ebenen 5, 6)

Ebene 5: Die erste Stufe der tertiären Bildung dauert mindestens 2
Jahre und setzt einen Abschluss der Sekundarbildung voraus.
Einbezogen sind: Hochschulausbildung unterhalb der Promotion,
praxisbezogene Studiengänge der Fachhochschulen für öffentliche
Verwaltung, der Berufsakademien und Fachschulen.

Ebene 6: Tertiäre Bildung als Forschungsqualifikation. Dazu gehört
die Promotion.

Originaltext: Statistisches Bundesamt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/32102
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_32102.rss2

Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Telefon: (0611) 75-3444
E-Mail: presse@destatis.de


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